Donnerstag, 25. Februar 2016

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Verantwortlichkeit von Fanpage-Betreibern vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden - der EuGH soll's richten

Heute fand in Leipzig die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, der den Verwaltungsrechtsstreit zwischen der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH (WAK) und dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) zum Gegenstand hatte. Anlass war eine Anordnung des ULD gegenüber der WAK vom 3. November 2011, eine von dieser betriebene Facebook-Fanpage zu deaktivieren. Nach Auffassung des ULD verletzt der Betrieb der Facebook-Fanpage europäisches und nationales Datenschutzrecht. Nachdem die WAK gegen die Anordnung Klage eingereicht hatte, beschäftigte der folgende Rechtsstreit bereits das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (09.10.2013) und das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (04.09.2014).

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss keine Entscheidung über die maßgeblichen Rechtsfragen getroffen. Insbesondere die Verantwortlichkeit von Unternehmen für die Datenverarbeitung auf von ihnen betriebenen Facebook-Fanpages blieb ungeklärt. Stattdessen hat das Bundesverwaltungsgericht insgesamt sechs Rechtsfragen dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Beantwortung vorgelegt. Diese Fragen betreffen Kernpunkte des hier zu entscheidenden Sachverhalts. Unter anderem legt das Bundesverwaltungsgericht die Frage vor, ob es neben den deutschen Regelungen zur Verantwortlichkeit weitere Umstände gibt, die für eine Verantwortlichkeit bei mehrstufigen Informationsanbieterverhältnissen Raum lassen. Speziell geht es hier um den Punkt, inwieweit es neben der Auftragsdatenverarbeitung eine Sorgfaltspflicht für die Auswahl von Dienstleistern im Internet gibt. Schließlich soll der EuGH klären, ob das Tätigwerden einer Datenschutzaufsichtsbehörde davon abhängig ist, dass vorher die für den Diensteanbieter zuständige Aufsichtsbehörde in einem europäischen Mitgliedstaat um eigenständiges Tätigwerden ersucht wird.

Bis zur Beantwortung der Fragen wird das Revisionsverfahren ausgesetzt.

Marit Hansen, die Leiterin des ULD, kommentiert: „Nach mehr als fünf Jahren und drei Instanzen hatte ich auf klare Aussagen und einen Abschluss des Rechtsstreits gehofft. Vor dem Hintergrund, dass wir in zwei Jahren mit der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung arbeiten werden, steht zu befürchten, dass der ursprüngliche Sachverhalt in der rechtlichen und technischen Umsetzung überholt sein wird. Mit Blick auf die jüngsten Urteile des EuGH mit Datenschutzbezug ist aber hier mit deutlichen Impulsen für den Schutz der Betroffenenrechte zu rechnen. Außerdem freue ich mich darüber, dass das Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung die Wirksamkeit der Grundrechte auch in komplexen Verarbeitungszusammenhängen im Internet betont hat.“

Die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.02.2016 mit den dem EuGH zur Klärung vorgelegten Fragen ist auf dessen Webseite abrufbar.

Weitere Informationen zum Hintergrund:
https://www.datenschutzzentrum.de/artikel/983-.html

 

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