17. Tätigkeitsbericht (1995)



4.5

Steuerverwaltung

4.5.1

Sicherheitsmängel in der Aktenverwaltung der Finanzämter werden zur "unendlichen Geschichte"

Am fehlenden Geld scheitern bislang als notwendig erkannte Sicherungsmaßnahmen zur Wahrung des Steuergeheimnisses.

Die Prüfungsberichte datieren vom Februar 1993. Unsere Forderung, die in mehreren Finanzämtern festgestellten Sicherheitsmängel in der Aktenverwaltung abzustellen und generelle Regelungen für die Finanzämter zu erlassen, wurde von der Oberfinanzdirektion im März 1993 vom Grundsatz her akzeptiert (vgl. 16. TB, Tz. 4.4). Im November des gleichen Jahres wurde der Entwurf einer Weisung an die Finanzämter vorgelegt. Dieser entsprach aber weder unseren Vorstellungen noch vermochte der Personalrat seine Zustimmung im Rahmen des Mitbestimmungsgesetzes zu geben.

Die Folge ist, daß zwei Jahre nach Abschluß der Prüfungen die festgestellten Sicherheitsmängel noch immer nicht beseitigt sind:

  • Steuerakten liegen nach Dienstschluß der Mitarbeiter unverschlossen in den Büros.

  • Es ist nicht in allen Finanzämtern zwingend vorgeschrieben, Büroräume zu verschließen (und den Schlüssel abzuziehen), wenn sie nicht besetzt sind.

  • Es gibt keine Regelung über die ordnungsgemäße Verwahrung von Steuerakten durch Außendienstmitarbeiter.

Der Grund für das zögerliche Verhalten der Oberfinanzdirektion ist inzwischen deutlich geworden: Es liegt am Geld. Steuergeheimnis hin - Steuergeheimnis her, die zur Wahrung dieses ansonsten von der Verwaltung so hoch gehaltenen Rechtsgutes erforderlichen Vorkehrungen dürfen offenbar nicht zuviel kosten. So scheitert z.B. die auch von den Fachreferaten des Ministeriums für erforderlich gehaltene Beschaffung von verschließbaren Aktentaschen für die Außendienstarbeiter am Veto des Finanzministeriums.

Verständlicherweise zu Recht haben die Personalräte dem Entwurf einer Datensicherheitsanweisung an die Finanzämter ihre Zustimmung versagt, weil in ihr zwar die Sicherungsziele formuliert werden, aber dem nachgeordneten Bereich nicht gesagt wird, mit welchen (finanziellen) Mitteln sie erreicht werden sollen.

Aus unserer Sicht ist es nicht akzeptabel, daß notwendige Maßnahmen zur Wahrung des Steuergeheimnisses auf Dauer davon abhängig gemacht werden, daß sie nichts kosten.

4.5.2

Kirchensteuermerkmale auf Lohnsteuerkarten - "das haben wir immer so gemacht"

Die Notwendigkeit von Kirchensteuermerkmalen auf Lohnsteuerkarten hält einer kritischen Überprüfung nicht stand. Erste Verfahrensänderungen wurden jetzt erreicht.

Solange es das Lohnsteuerabzugsverfahren gibt, enthalten die Lohnsteuerkarten, die den Arbeitgebern vorgelegt werden, neben dem Namen und der Anschrift des steuerpflichtigen Arbeitnehmers sowie der Steuerklasse und der Anzahl der steuerlich zu berücksichtigenden Kinder auch Angaben über die Zugehörigkeit zu einer "steuerberechtigten" Kirche und zwar sowohl für den Arbeitnehmer als auch für seinen Ehepartner.

Als die Datenschutzbeauftragten erstmals die Frage stellten, warum die Arbeitgeber wissen müßten, ob die Ehefrau eines Mitarbeiters der evangelischen, der katholischen oder gar keiner Kirche angehört, war die Antwort des Bundesfinanzministeriums und der Kirchen durchaus wortreich, aber nicht überzeugend. Es hieß, dies sei zu Kontroll- und zu Abrechnungszwecken erforderlich und werde seit jeher ohne Beschwerden der Betroffenen so praktiziert.

Bei den Datenschutzbeauftragten gingen aber immer wieder Beschwerden von Bürgern ein. Auf erneutes Nachfragen stellte man mit einem Mal fest, daß in der Praxis gar keine Kontrollen durchgeführt werden und daß sie zudem höchst ineffektiv wären. Es ging nämlich nur um einen Abgleich der Eintragungen in der Lohnsteuerkarte mit den Angaben in der Steuererklärung. Der ist aber ohnehin nicht möglich, wenn keine Erklärung abgeben wird bzw. wenn keine Arbeitnehmereinkünfte vorliegen.

Auch das Abrechnungsargument erwies sich nur für einen Spezialfall als stichhaltig. Nur wenn ein Ehepartner der einen und der andere Ehepartner der anderen Kirche angehört, teilen sich die beiden Kirchen die gezahlten Steuern. Der Arbeitgeber muß deshalb jeweils 50 % des Betrages in die jeweiligen Spalten der dem Finanzamt zu übersendenden Lohnsteueranmeldung eintragen. Selbst die Notwendigkeit dieses Halbteilungsverfahrens kann man bezweifeln. Jedenfalls befassen sich laut Auskunft des Bundesfinanzministeriums die Kirchensteuer-Referatsleiter zur Zeit mit dieser Frage.

Zunächst ist jedoch folgendes Ergebnis erreicht:

Auf den Lohnsteuerkarten wird in Zukunft nur noch die Konfessionszugehörigkeit des Arbeitnehmers vermerkt. Über den Ehepartner enthält sie nur noch dann eine Angabe, wenn es sich um eine konfessionsverschiedene Ehe handelt (z. B. "ev/rk").

Die Angestellte einer kirchlichen Einrichtung wird also nicht mehr vom Finanzamt dazu "gezwungen", ihrem Arbeitgeber per Lohnsteuerkarte zu offenbaren, daß ihr Mann aus der Kirche ausgetreten ist. Vielleicht wird sie es den Datenschutzbeauftragten danken.


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