16. Tätigkeitsbericht (1994)



4.4

Steuerverwaltung

4.4.1

Datensicherheit bei der Aktenverwaltung in den Finanzämtern noch nicht garantiert

Im Jahre 1992 wurden bei Kontrollen in mehreren Finanzämtern Mängel bezüglich der Datensicherheit bei der Aktenverwaltung festgestellt. Ihre Behebung scheitert bislang weniger an der fehlenden Einsicht der verantwortlichen Stellen als vielmehr an der Bereitschaft zur Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen.

Über die Notwendigkeit,

  • Steuerakten stets unter Verschluß zu halten, wenn sie nicht bearbeitet werden,
  • den Verbleib von Steuerakten zu registrieren, wenn sie an andere Stellen herausgegeben werden,
  • den Außendienstmitarbeitern vorzuschreiben, wie Unterlagen in ihrem häuslichen Bereich zu verwahren sind und
  • Büroräume auch während der Geschäftszeiten zu verschließen, wenn sie nicht besetzt sind,

besteht zwischen der Oberfinanzdirektion und dem Landesbeauftragten Einvernehmen (vgl. 15. TB, Tz. 4.4.2). Wie aber und in welchem Zeitraum für Abhilfe gesorgt werden kann, ist auch nach mehr als einem Jahr noch nicht abschließend geklärt. In den Beratungsgesprächen zeigte sich nämlich, daß das Anheben des Sicherheitsstandards auf das "erforderliche und angemessene" Niveau (so der gesetzliche Tatbestand) um so mehr Kosten verursacht, je "schwächer" die bisher getroffenen Maßnahmen sind. Die Schlösser in einigen Aktenschränken auszutauschen, weil die Schlüssel verlorengegangen sind, erweist sich als eine Marginalie, weil dies nur wenige DM kostet. Überhaupt erst verschließbare Schränke zu beschaffen, stellt sich dagegen als ein erhebliches Problem dar, obwohl das Ziel beider Maßnahmen das gleiche ist.

So ist es nicht verwunderlich, daß vom Minister für Finanzen und Energie bis zum Abschluß des Berichtszeitraums erst der Entwurf einer Anweisung an die Finanzämter zur Sicherung von Akten und sonstigen Datenträgern vorgelegt werden konnte, in dem zudem einleitend festgestellt wird, daß wegen der Haushaltslage und der verfügbaren Mittel die angewiesenen verbesserten Sicherungsmaßnahmen nicht sofort, sondern nur schrittweise realisierbar seien.

Sollten in der Praxis tatsächlich aufgrund fehlender Haushaltsmittel für verschließbare Behältnisse Akten auch künftig so unzureichend gesichert werden, daß es zu unbefugten Offenbarungen steuerlicher Verhältnisse kommt, wird sich die Frage nach der Verantwortung stellen. Spätestens dann wird deutlich werden, daß finanzielle Überlegungen eine zeitliche Hinauszögerung von Sicherungsmaßnahmen, deren Erforderlichkeit und Angemessenheit nicht bestritten wird, nicht rechtfertigen. Das gilt ganz besonders für Datenbestände, die, wie Steuerakten, einem besonderen Berufs- und Amtsgeheimnis unterliegen.

Die weitere Entwicklung der Datensicherheit in den Finanzämtern wird mithin durch erneute Kontrollen zu beobachten sein.

4.4.2

"Aufbewahrung vorbehalten"

Für bestimmte Steuerakten sehen die Richtlinien eine unbefristete Speicherdauer vor. Ein überzeugender Grund hierfür ist nicht ersichtlich.

In einer zwischen dem Bund den Ländern abgestimmten Richtlinie über die Aufbewahrungsfristen für Akten ist für Vermögenssteuerakten sowie für Bilanz- und Bilanzberichtsakten, anstatt daß ein Zeitraum festgelegt wird, der Vermerk enthalten "vorbehalten".

Als ein Petent das für ihn zuständige Finanzamt aufforderte, die Akten nach 25 Jahren endlich zu vernichten, teilte ihm dieses mit, es sei durch die o.a. Regelung an einer Löschung gehindert. Das war weder für den Petenten noch für uns nachvollziehbar. Es ist in der Richtlinie ja nicht vermerkt "auf Dauer aufbewahren", sondern "vorbehalten". Was aus unserer Sicht sprachlich nur bedeuten kann, daß es dem einzelnen Bundesland vorbehalten bleibt, den Löschungszeitpunkt zu bestimmen, eine Bundeseinheitlichkeit also insoweit nicht erforderlich ist.

Anders sieht es allerdings der Finanzminister. Diese Passage der Richtlinie sei nicht so zu verstehen, daß sich die obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern nicht auf eine einheitliche Aufbewahrungsfrist hätten einigen können. Vielmehr sollten "die davon betroffenen Steuervorgänge ... wegen des möglicherweise steuerrelevanten Informationsgehaltes der Unterlagen für zukünftige Besteuerungszeiträume vorerst nicht vernichtet werden". Wann und durch wen diese Vernichtungssperre beendet werden soll, ist in den geltenden Richtlinien jedoch nicht festgelegt und konnte vom Finanzminister auch nicht dargelegt werden.

Wenn man bedenkt, daß selbst hinterzogene Steuern nach 10 Jahren verjähren, fällt es schwer, in z.B. 25 Jahre alten Akten einen "steuerrelevanten Informationsgehalt für zukünftige Besteuerungszeiträume" zu vermuten. Auf diesen Aspekt angesprochen verwies der Finanzminister auf eine sich derzeit in der Schlußabstimmung befindende Neufassung der Aufbewahrungsbestimmungen. Der Entwurf läßt jedoch nur einen Teilerfolg erwarten. Die Bilanz- und Berichtsakten sind zwar künftig nach 15 Jahren zu vernichten. Für Vermögenssteuerakten gilt aber weiterhin "vorbehalten", was immer dies künftig bedeuten soll.

Im Ergebnis verstößt auch die neue Regelung gegen den datenschutzrechtlichen Grundsatz, daß Daten zu löschen sind, wenn ihre Kenntnis für die datenverarbeitende Stelle zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Die vage Vermutung eines "möglicherweise steuerrelevanten Informationsgehaltes" begründet keine "Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung".

4.4.3

Es geht doch: Fairneß bei Kontrollmitteilungen

Seit Beginn dieses Jahres erhalten die Finanzämter wieder Kontrollmitteilungen über Nebeneinkünfte von Steuerpflichtigen. Durch die gleichzeitige Unterrichtung der Betroffenen wird auch deren Belangen Rechnung getragen.

In Zeiten des knappen Geldes ist der Staat ganz besonders auf die richtige und vollständige Besteuerung seiner Bürger angewiesen. Dies war sicherlich auch ein Grund dafür, daß nach mehreren Jahren des Nachdenkens im September 1993 in einer Rechtsverordnung die Voraussetzungen festgelegt worden sind, unter denen Behörden verpflichtet sind, den Finanzämtern Mitteilungen über zu versteuernde Zahlungen, Honorare usw. an einzelne Personen zukommen zu lassen. Diese sogenannten Kontrollmitteilungen finden ihre Grundlage in der Abgabenordnung. Sie wurden in den letzten Jahren nur deshalb nicht erstellt, weil die besagte Verordnung noch nicht verabschiedet war (vgl. 11. TB, S. 36).

Die Anfang 1994 in Kraft getretene Regelung zeichnet sich dadurch aus, daß sie einerseits praktisch alle Zahlungen erfaßt, die manche der "Dazuverdiener" in der Vergangenheit gerne an den Finanzämtern vorbeigeschmuggelt haben, daß sie andererseits aber das Gebot des "Fairplay" beachtet.

Nicht zuletzt auf Drängen der Datenschutzbeauftragten enthält sie nämlich die Anweisung, daß die zahlenden Stellen die Betroffenen (die Zahlungsempfänger) von ihrer Mitteilungspflicht spätestens bei der Übersendung der ersten Kontrollmitteilung an das betreffende Finanzamt zu unterrichten haben. Steuerpflichtige, die Nebeneinkünfte bei Behörden erzielen oder die andere steuerrechtlich relevante Vergünstigungen in Anspruch nehmen (z.B. gewerberechtliche Erlaubnisse und Gestattungen), laufen mithin nicht Gefahr, daß sie sich durch ein "Versehen" oder "Übersehen" der versuchten Steuerhinterziehung schuldig machen. Was den Finanzämtern über Honorarzahlungen und dergleichen mitgeteilt wird, erfährt auch der Betroffene und zwar so rechtzeitig, daß er die Beträge in seiner Steuererklärung berücksichtigen kann.

Im Ergebnis handelt es sich also um eine Lösung, die den Belangen des Fiskus ebenso gerecht wird, wie denen der Steuerpflichtigen.


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