15. Tätigkeitsbericht (1993)



4.3

Justizverwaltung

4.3.1

Geltung des Landesdatenschutzgesetzes im Justizbereich

Das Landesdatenschutzgesetz gilt grundsätzlich in vollem Umfang für Staatsanwaltschaften und Gerichte.

Nur bereichsspezifische Vorschriften über die Datenverarbeitung gehen vor. Von der Kontrolle durch den Landesbeauftragten sind nur Gerichte ausgenommen, soweit sie Rechtsprechung ausüben.

Die Geltung des Landesdatenschutzgesetzes auch für den Bereich der Justiz war im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Der Regierungsentwurf hatte noch weitgehende Ausnahmen vorgesehen, die dann vom Landtag gestrichen wurden. Nach dem vom Parlament verabschiedeten Text kann es nicht zweifelhaft sein, daß das Landesdatenschutzgesetz grundsätzlich in vollem Umfang von Gerichten und Staatsanwaltschaften anzuwenden ist. Ausnahmen gelten nur, "soweit besondere Rechtsvorschriften den Umgang mit personenbezogenen Daten regeln". Außerdem unterliegen die Gerichte unserer Kontrolle nicht, soweit sie "in richterlicher Unabhängigkeit tätig werden". Von diesen beiden Ausnahmen abgesehen, ist das LDSG sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch von den Gerichten anzuwenden wie von den anderen Behörden des Landes auch.

In der Praxis ergeben sich aber offenbar immer wieder Auslegungsschwierigkeiten. Auch im Berichtszeitraum wurden wir mehrfach mit Anfragen und Sachverhalten befaßt, die letztlich auf die Frage hinausliefen, ob nicht in diesem oder jenem Fall Staatsanwaltschaft und Justiz von der Geltung des Landesdatenschutzgesetzes ausgenommen seien.

So stellte der Generalstaatsanwalt in einem Schreiben an den Justizminister die Frage, inwieweit das Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht nach dem LDSG auch von den Staatsanwaltschaften zu respektieren sei. Zunächst einmal ergebe sich nämlich ohne Berücksichtigung der bereits bestehenden oder künftigen Regelungen der Strafprozeßordnung und ohne Berücksichtigung der Rechtslage hinsichtlich der Regelungszuständigkeit das "zumindest verwirrende Bild", daß jeder, dessen personenbezogene Daten in staatsanwaltschaftlichen Akten oder Dateien gespeichert sind, grundsätzlich einen Anspruch auf Akteneinsicht oder zumindest auf Auskunftserteilung habe. Dies könne in dieser Reichweite nicht richtig sein. Im weiteren führt der Generalstaatsanwalt dann aus, daß im Rahmen der Strafprozeßordnung der Beschuldigte nur über seinen Verteidiger Akteneinsicht nehmen könne. Zumindest bei laufenden Ermittlungsverfahren müsse diese Regelung Vorrang vor den Auskunfts- und Akteneinsichtsrechten des LDSG haben.

Soweit die Strafprozeßordnung keine Regelung über Akteneinsichtsrechte enthalte, etwa wenn es sich um Dritte, Zeugen etc. handle, müßten die untergesetzlichen Vorschriften, z.B. der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) übergangsweise Vorrang vor den landesgesetzlichen Regelungen haben.

Dem haben wir widersprochen. Der Übergangsbonus ist eine nirgendwo exakt geregelte, lediglich aus einigen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts abgeleitete Rechtsfigur. Sie hat nur dort ihre Bedeutung, wo sich aus Urteilen des Bundesverfassungsgerichts die Rechtswidrigkeit einer bestehenden Regelung oder die Notwendigkeit zur Schaffung einer Neuregelung ergibt und gleichwohl die Verwaltung im unbedingt notwendigen Rahmen weiterarbeiten muß. Bestehen aber verfassungsgemäße landesgesetzliche Regelungen, so ist für die Anwendung des Übergangsbonus kein Platz. Dies gilt auch dann, wenn vermutet wird, daß der Bundesgesetzgeber eine vom Landesgesetzgeber in Details abweichende Regelungen treffen könnte. Deshalb besteht für eine Berufung auf den Übergangsbonus in Verbindung mit den RiStBV kein Raum, da Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte der Betroffenen im LDSG klar und präzise geregelt sind.

Weiter haben wir dargelegt, daß der Anspruch auf Auskunfts- und Akteneinsicht nach dem LDSG eine andere Zielrichtung verfolgt als die strafprozessualen Akteneinsichtsrechte. Letztere bestehen zu dem Zweck, dem Beschuldigten eine angemessene Vorbereitung auf die Verteidigung zu ermöglichen. Der datenschutzrechtliche Auskunfts- und Akteneinsichtsanspruch erwächst allein aus der Tatsache, daß Daten über die betreffende Person gespeichert sind.

Auch vom datenschutzrechtlichen Auskunfts- und Akteneinsichtsanspruch gibt es Ausnahmen. So ist es beispielsweise möglich, die Akteneinsicht dann zu verweigern, wenn dadurch laufende Ermittlungen gefährdet würden. Letztlich kann der Beschuldigte insoweit auf dem Umweg über das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht nicht mehr erfahren, als ihm nach dem strafprozessualen Akteneinsichtsrecht zusteht.

Allerdings kann er sein datenschutzrechtliches Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht selbst und ohne anwaltliche Vertretung in Anspruch nehmen. Für den strafprozessualen Akteneinsichtsanspruch ist es hingegen herrschende Auffassung, daß er nur über den Anwalt geltend gemacht werden kann. Da es aber ebenso unbestritten ist, daß der Anwalt befugt ist, aus den Akten Kopien zu fertigen und an den Beschuldigten weiterzugeben, kann dieser im Rahmen der strafprozessualen Akteneinsicht ebenfalls Kenntnis vom Inhalt der ihn betreffender Datenspeicherung erhalten. Allerdings entstehen dabei Anwaltsgebühren.

Der datenschutzrechtliche Auskunfts- und Akteneinsichtsanspruch nach dem LDSG ist hingegen gebührenfrei. Es würde deshalb eine Umgehung des Anspruchs auf gebührenfreie Auskunft bedeuten, würde man den Betroffenen stets auf den Umweg über die anwaltlich vermittelte Akteneinsicht nach der Strafprozeßordnung verweisen. Wir haben deshalb im Ergebnis keinen Zweifel, daß der datenschutzrechtliche Auskunfts- und Akteneinsichtsanspruch grundsätzlich auch gegenüber der Staatsanwaltschaft gilt. Er findet seine Begrenzung lediglich in den im LDSG enthaltenen allgemeinen Gründen der Auskunftsverweigerung, etwa wenn dadurch laufende Ermittlungen gefährdet würden.

Der Justizminister hat sich zu der Angelegenheit noch nicht abschließend geäußert. Er will erst das Ergebnis einer Umfrage des Generalstaatsanwalts bei den Behörden seines Geschäftsbereiches abwarten, bei der Art und Zahl der im vergangenen Jahr gestellten Auskunftsersuchen ermittelt werden sollen.

Ein anderer Schriftwechsel mit dem Justizminister mußte zur Frage der Kontrollkompetenz des Datenschutzbeauftragten gegenüber den Gerichtsvollziehern geführt werden. Der Justizminister hatte sich auf den Standpunkt gestellt, daß die Gerichtsvollzieher, soweit sie als selbständiges Organ der Rechtspflege tätig werden, nicht der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten unterliegen. Er hatte sich für diese Rechtsauffassung auf die Entstehungsgeschichte der Kontrollvorschriften des neuen LDSG berufen, aus denen sich ergebe, daß eine Erweiterung der Kontrollkompetenz des Datenschutzbeauftragten gegenüber der früheren Rechtslage nicht beabsichtigt gewesen sei. Zum früher hierfür einschlägigen Paragraphen des LDSG habe er aber immer die Auffassung vertreten, daß er eine datenschutzrechtliche Kontrolle bei den Gerichtsvollziehern nicht zulasse.

Demgegenüber haben wir auf den klaren Wortlaut des neuen LDSG verwiesen. Danach sind nur die Gerichte und nur, soweit sie in richterlicher Unabhängigkeit tätig werden, von der Kontrolle ausgenommen. Gerichtsvollzieher sind weder "Gerichte", noch werden sie in "richterlicher Unabhängigkeit" tätig. Im übrigen gebe es auch kein nachvollziehbares sachliches Bedürfnis, die bei Gerichtsvollziehern betriebenen sensiblen Datensammlungen der Kontrolle zu entziehen. Inzwischen konnte mit dem Justizminister Einigung erzielt werden, daß auch die Gerichtsvollzieher der datenschutzrechtlichen Kontrolle unterliegen. Bei der praktischen Durchführung von Kontrollen soll der Weisungsunabhängigkeit der Gerichtsvollzieher soweit möglich Rechnung getragen werden. Dies soll in der Form geschehen, daß in Querschnittskontrollen möglichst nicht laufende Vollstreckungsverfahren einbezogen werden und daß bei der Abfassung des Prüfberichts mehr auf die Darstellung der generellen Verfahrensweise als auf einzelne Fälle Rechnung getragen wird.

Im Zusammenhang mit Plänen zur Schaffung privater Bundesschuldnerverzeichnisse stellte sich die Frage, inwiefern die Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes einer Übermittlung von Daten aus den Schuldnerverzeichnissen der Amtsgerichte an derartige Stellen entgegenstehen. Der Grundsatz der Zweckbindung sowie die Regelungen über die Übermittlung von personenbezogenen Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs könnten im Ergebnis dazu führen, daß eine Datenübermittlung zu diesem Zweck nicht zulässig ist.

Der Justizminister stellte sich jedoch auf den Standpunkt, daß das LDSG neben den Vorschriften der Zivilprozeßordnung nicht anwendbar sei. Zwar habe das Gesetz Vorrang, soweit nicht besondere Rechtsvorschriften im Umgang mit personenbezogenen Daten regeln. Es sei auch einzuräumen, daß die Zivilprozeßordnung keine abschließende Regelung enthält. Die hierzu ergangene zusätzliche allgemeine Vorschrift des Bundesministers der Justiz über die Erteilung und die Verbreitung von Abschriften oder Auszügen aus den Schuldnerverzeichnissen vom 1. August 1955 könne aber übergangsweise als "gesetzliche Grundlage" im Sinne des LDSG angesehen werden.

Dem ist aus unserer Sicht zu widersprechen. Das Landesdatenschutzgesetz würde damit in der Bedeutung unter einer Verwaltungsvorschrift liegen. Eine Verwaltungsvorschrift aus den 50er Jahren kann nicht gegenüber dem LDSG als vorrangige Rechtsgrundlage akzeptiert werden.

4.3.2

Geschäftsstellenautomation der Staatsanwaltschaft (GAST): Verbesserungen werden wirksam

Der Generalstaatsanwalt zieht Konsequenzen aus der datenschutzrechtlichen Kritik an GAST. Ein Teil der Verbesserungen ist bereits umgesetzt. Es bleiben die Defizite hinsichtlich der Rechtsgrundlage für GAST.

In den letzten beiden Tätigkeitsberichten (13. TB., S. 42, 14. TB., S. 38) haben wir über unsere Querschnittskontrolle der Geschäftsstellenautomation der Staatsanwaltschaft (GAST-SH) berichtet. Dort ist im einzelnen dargelegt worden, welche Mängel wir bei unserer Kontrolle festgestellt haben, in welchen Fällen der Generalstaatsanwalt Abhilfe zugesagt hat und in welchen Punkten ein Dissens geblieben ist.

Inzwischen hat der Generalstaatsanwalt mitgeteilt, welche Maßnahmen im vergangenen Jahr ergriffen worden sind. Eine Reihe von Verbesserungen sind bereits realisiert worden bzw. stehen kurz vor der Realisierung. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Begrenzung des Zugriffs zu den in GAST gespeicherten Daten auf die Staatsanwaltschaft, bei der das Ermittlungsverfahren anhängig ist oder gewesen ist, in folgenden Fallgruppen:

  • Verfahren, in denen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mangels jeglichen Anfangsverdachts abgesehen worden ist,
  • Verfahren, denen eine böswillige bzw. querulatorische Anzeige zugrunde lag,
  • Verfahren, in denen mangels Ermittlung eines Täters die Personendaten des Geschädigten/Anzeigenden in GAST gespeichert worden sind,
  • Verfahren, die eine Sexualstraftat zum Gegenstand haben und bei denen mangels Ermittlung des Täters die Personalien des Opfers in abgekürzter Form in GAST eingestellt werden,
  • Verfahren, die einen unnatürlichen Tod ohne Fremdeinwirkung (z.B. vollendete Selbsttötung) betreffen,
  • Verfahren, in denen Strafunmündige als Beschuldigte gespeichert sind,
  • in der Regel Verfahren, in denen rechtskräftig ein Freispruch ergangen ist.

Die Beendigung des landesweiten Zugriffs auf derartige Datensätze ist im Januar dieses Jahres erfolgt. Damit ist in diesen Fällen eine wichtige Forderung aus den Prüfungen erfüllt und das Prinzip des landesweiten Zugriffs auf die in GAST gespeicherten Daten insoweit durchbrochen.

Die noch weitergehende Zugriffsbeschränkung auf das die Ermittlungen führende Dezernat, sofern im Datensatz die Daten von Opfern von Sexualstraftaten gespeichert sind, soll ebenfalls Anfang 1993 wirksam werden.

Den Dezernenten wurde Ende 1992 ein "datenschutzrechtliches Kontrollblatt" an die Hand gegeben, mit dem in jeder Handakte zu dokumentieren ist, daß der Dezernent sich nach Abschluß der Ermittlungen sowie des gerichtlichen Verfahrens vergewissert hat, ob die in GAST gespeicherten Daten tatsächlich noch zutreffend sind.

Der Katalog der Erledigungs- und Entscheidungsarten wurde überarbeitet und verfeinert. Nunmehr ist es leichter möglich, den Abschluß eines Ermittlungsverfahrens korrekt in GAST darzustellen. Dadurch können unnötige Belastungen der Betroffenen vermieden werden.

In der Vergangenheit wurden die Daten der Opfer von Verkehrsunfällen häufig wie die eines Täters gespeichert. Dies wird künftig unterbleiben. Derzeit werden die Daten der bislang in dieser Form erfaßten Personen gelöscht.

Die notwendigen Änderungen sind auch bezüglich der Speicherung von Daten im Zusammenhang mit versuchter oder vollendeter Selbsttötung realisiert. Versuchte Selbsttötung wird von der Polizei nur noch dann an die Staatsanwaltschaft gemeldet und dementsprechend in GAST erfaßt, wenn konkrete Anhaltspunkte einer Fremdeinwirkung vorliegen. Statt als "versuchte Selbsttötung" werden die Verfahren in diesen Fällen nur noch als "sonstige Verfahren" gespeichert. Vollendete Selbsttötungen werden künftig nur noch unter der Kennzeichnung "unnatürlicher Tod" erfaßt.

Das Datenfeld "besondere Hinweise", in dem in der Vergangenheit gelegentlich belastende Bewertungen bezüglich des Tatverdächtigen sowie alte Aktenzeichen über bereits gelöschte Akten erfaßt wurden, ist abgeschafft.

In den noch verbliebenen offenen Punkten ist es zu keiner weiteren Annährung der Standpunkte gekommen. Dies betrifft insbesondere den generellen landesweiten Zugriff auf die in GAST gespeicherten Daten als Regelfall. Nach unserer Auffassung besteht für das GAST-Verfahren derzeit keine den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechende bereichsspezifische, präzise Rechtsgrundlage. Demgemäß darf das Verfahren nur noch zeitlich befristet und unter den engen Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung zum sogenannten "Übergangsbonus" zu beachten sind, fortgeführt werden. Dies bedeutet insbesondere, daß das Verfahren sich auf das für die Strafrechtspflege unbedingt Erforderliche beschränken muß. Da Schleswig-Holstein das einzige Flächenland ist, das ein landesweites staatsanwaltschaftliches Dateiverfahren dieser Art betreibt, dürfte es nicht einfach sein, zu begründen, daß ohne ein Verfahren mit derartigem Zuschnitt eine geordnete Strafrechtspflege nicht möglich ist. In diesem Falle würde sich die Frage stellen, wie es den Staatsanwaltschaften in den anderen Flächenstaaten möglich ist, Strafverfolgung ohne ein Verfahren wie GAST zu betreiben.

Wir haben keine Möglichkeit, unseren Standpunkt in dieser Frage durchzusetzen. Es bleibt im Augenblick abzuwarten, wie die Gerichte, die derzeit mit einigen Klagen gegen GAST befaßt sind, entscheiden.

Auch in einem anderen wichtigen Punkt des Prüfberichts gibt es kaum Fortschritte. Die Dauer der Speicherung von Daten in GAST hängt unter anderem von den Fristen ab, die in den bundeseinheitlichen Aufbewahrungsbestimmungen für Unterlagen bei der Justiz vorgesehen sind. Der Generalstaatsanwalt sah in seiner ersten Stellungnahme zum Prüfbericht keine Möglichkeit, von diesen bundesweit geltenden Verwaltungsvorschriften abzuweichen. Er verwies aber darauf, daß der Justizminister Bestrebungen eingeleitet habe, die Aufbewahrungsbestimmungen bundeseinheitlich zu verkürzen. Wir haben daraufhin unsererseits unsere Kollegen in den anderen Bundesländern gebeten, unsere Position in Gesprächen mit den dortigen Justizministern zu unterstützen. Allerdings war in den übrigen Landesjustizministerien nirgendwo etwas von einer schleswig-holsteinischen Initiative zur datenschutzrechtlichen Verbesserung der Aufbewahrungsbestimmungen bekannt. Der Justizminister teilte nunmehr auf Anfrage mit, er habe sich noch nicht an die anderen Länder gewandt, weil er erst hausintern seine Position klären wolle.

4.3.3

Konsequenzen aus den Kontrollen in den Justizvollzugsanstalten kommen in Gang

Der Justizminister hat zum Prüfbericht über die Datenverarbeitung in den Justizvollzugsanstalten erste Stellungnahmen abgegeben. Darin werden überwiegend Verbesserungen zugesagt. Zu zentralen Kritikpunkten des Landesbeauftragten steht die Stellungnahme noch aus.

Im 14. Tätigkeitsbericht (S. 44) war von Querschnittskontrollen in den Justizvollzugsanstalten Kiel und Lübeck berichtet worden. Wir haben im Laufe des vergangenen Jahres mehrfach in Vortragsveranstaltungen vor Bediensteten der Justizvollzugsanstalten unsere Kritik näher begründet und mit den Praktikern die notwendigen Konsequenzen aus der Prüfung erörtert. Zwischenzeitlich ist eine erste Stellungnahme des Justizministers eingegangen. Sie greift einige der Kritikpunkte auf, bezieht sich aber noch nicht auf die im Prüfbericht angesprochenen zentralen Fragen. Die Stellungnahme befaßt sich im wesentlichen mit der besseren Organisation einzelner Datenverarbeitungsverfahren. Es wurden eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, bei deren Realisierung unbeabsichtigte und unnötige Datenoffenbarungen vermieden werden können.

So hat der Justizminister mitgeteilt, daß die auf den Stationszimmern vorhandenen Hinweistafeln, auf denen sämtliche in der jeweiligen Station einsitzenden Gefangenen mit einer Reihe von Daten verzeichnet sind, künftig durch eine geeignete Vorrichtung, wie etwa ein Rollo, abgedeckt werden. Darüber hinaus werde darauf geachtet, daß außer den Abteilungsbeamten nach Möglichkeit Unbefugte keinen Einblick nehmen könnten. Der Name des Gefangenen werde künftig auf der Haftraumbeschilderung nicht mehr geführt, es sei denn, der Gefangene selbst bringe von sich aus ein Namensschild an. Dieses werde aber bei Anstaltsbesichtigungen umgedreht.

Das Verfahren der erkennungsdienstlichen Behandlung von Gefangenen wird in einigen Detailpunkten verbessert. Z. B. werden die Gefangenen bei Haftentlassung auf ihr gesetzliches Recht hingewiesen, die Vernichtung der erkennungsdienstlichen Unterlagen zu verlangen. Die Weitergabe erkennungsdienstlicher Unterlagen wird künftig dokumentiert, so daß einem begründeten Vernichtungsverlangen auch vollständig nachgekommen werden kann. Die Aufnahme von Fotos aus der erkennungsdienstlichen Behandlung in Arztakten wird eingestellt.

Verbessert werden soll auch die Behandlung sensibler Daten über besondere Maßnahmen gegenüber Gefangenen. Solche Maßnahmen können zum Beispiel bei Gefahr der Selbsttötung oder der Gefährdung Dritter notwendig sein. Derartige Behandlungshinweise sollen künftig in Karteiform notiert und bei Erledigung der Maßnahme vernichtet werden.

Die Gefangenenpersonalkartei in der Zentrale der JVA Kiel soll um die Fälle bereits entlassener Gefangener bereinigt werden. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, daß Gefangenenpersonalakten, die älter als 30 Jahre sind, entweder vernichtet oder dem Archiv angeboten werden. Außerdem sollen die Justizvollzugsanstalten generell dafür sorgen, daß Karteikarten, soweit sie nicht bei Haftentlassung ohnehin zu vernichten sind, zur Gefangenenpersonalakte des Betreffenden genommen werden.

Eine Reihe von bislang in Buchform geführten Verzeichnissen soll künftig so organisiert werden, daß eine Bereinigung nach Jahrgängen möglich ist. Bislang begann die Frist für die Bereinigung erst zu laufen, wenn ein Buch vollgeschrieben war, was unter Umständen erst nach Jahrzehnten der Fall war.

Die Verteilung von Informationen innerhalb der Anstalten soll restriktiver gehandhabt werden. So soll der sogenannte "A-Bogen", der eine Reihe von sensiblen Daten über den Gefangenen und seine Verwandten enthält, nur noch eingeschränkt zirkulieren. Bei Freigängern wird der Arbeitgeber des Gefangenen nicht mehr an die Pforte mitgeteilt. Generell soll beim Umbau der Pforten in den Justizvollzugsanstalten in Flensburg und Kiel durch bauliche Maßnahmen dafür gesorgt werden, daß die Offenbarung von Daten an Dritte vermieden wird.

Die Justizvollzugsanstalten sind in steigendem Maße auf die Mitarbeit Dritter, insbesondere freiwilliger Helfer, angewiesen. Künftig soll bei der Erstellung der Tagesordnung für Vollzugsplankonferenzen darauf geachtet werden, daß freiwillige Helfer keine Daten über Gefangene erhalten, für deren Betreuung sie nicht eingesetzt werden. In die Gefangenenpersonalakte wird ihnen keine Einsicht mehr gewährt. Die freiwilligen Helfer sollen verpflichtet werden, etwaige im Rahmen des Betreuungsauftrages entstandene Unterlagen mit Daten über den Gefangenen nach Erledigung des Betreuungsauftrages zu vernichten.

In einigen Punkten hat der Justizminister mitgeteilt, daß er den Forderungen/Empfehlungen des Landesbeauftragten nicht folgen möchte. So soll an der Ausgabe von Paketmarken festgehalten werden, die die Gefangenen für drei Pakete mit Nahrungs- und Genußmitteln zu verwenden haben. Wir hatten darin eine unnötige Offenbarung des Gefangenenstatus an Dritte gesehen.

Zwar sollen "abgängige" Gefangenenschränke künftig durch solche ersetzt werden, die auch ein abschließbares Fach haben. Dadurch soll es auch den Gefangenen möglich sein, ein Mindestmaß an Privatsphäre und an Sicherheit für die in den Zellen befindlichen Unterlagen zu erhalten. Allerdings soll es auch künftig möglich sein, dieses besonders abschließbare Behältnis in Abwesenheit des Gefangenen zu kontrollieren. Wir hatten statt dessen vorgeschlagen, dieses Behältnis nur im Beisein des Gefangenen zu durchsuchen, im übrigen aber Zellenrevisionen auch künftig in seiner Abwesenheit durchzuführen.

Der Justizminister hat mitgeteilt, daß er die Anforderung des Landesdatenschutzgesetzes, wonach jede Datenübermittlung zu dokumentieren ist, "angesichts der täglichen Flut eingehender Anfragen" aus personellen Gründen in den Justizvollzugsanstalten nicht leisten könne. Dies wirft zunächst einmal ein Licht auf die Menge der offenbar durch die Justizvollzugsanstalten getätigten Datenübermittlungen. Aber selbst wenn der Umfang der Datenübermittlungen erheblich sein sollte, so sehen die klaren Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes keine Ausnahme vor.

Zum überwiegenden Teil der Monita aus dem Prüfbericht hat der Justizminister bislang noch nicht Stellung genommen. Es geht dabei insbesondere um die zentralen Fragen des Umfangs der Datenerhebung und der Steuerung des sogenannten "A-Bogens", der eine Reihe sensibler Daten über den Gefangenen und über seine Verwandten enthält, innerhalb der Justizvollzugsanstalt. Auch zur künftigen Gestaltung, Handhabung und sicheren Aufbewahrung der Gefangenenpersonalakten, insbesondere auch der darin enthaltenen Daten über Dritte, hat der Justizminister bislang noch nicht Stellung genommen. Das gleiche gilt für Form und Inhalt des sogenannten "AIDS-Hinweises", der nach unserer Auffassung in der gegenwärtigen Form rechtswidrig ist.

Es bleibt zu hoffen, daß die weiteren notwendigen Konsequenzen für die Datenverarbeitung in den Justizvollzugsanstalten zügig gezogen werden.

4.3.4

Was Gefangene über ihr Wachpersonal in Erfahrung bringen konnten

Ein Gefangener verfügte über Kopien aus einer Ermittlungsakte gegen einen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt. Die Herkunft der Unterlagen konnte nicht abschließend geklärt werden. Der Vorgang unterstreicht die Notwendigkeit, die Weitergabe von Daten oder ihre Nutzung für einen anderen Zweck zu dokumentieren.

Ausgerechnet einem Mitarbeiter einer schleswig-holsteinischen Justizvollzugsanstalt mußte es passieren, daß ihm ein Gefangener Kopien aus einer Ermittlungsakte gegen ihn "zur Verfügung" stellte, aus denen sich diverse hochsensible persönliche Informationen über ihn und dritte Personen ergaben.

Er schaltete daraufhin den Landesbeauftragten für den Datenschutz ein. Wir nahmen zum Zweck der datenschutzrechtlichen Prüfung Einsicht in die Ermittlungsakte. Diese enthielt diverse persönliche Daten des Petenten über seine familiären Verhältnisse, seine Ehefrau, Freunde, seine finanzielle Situation, einen vollständigen Grundbuchauszug über sein Grundvermögen, Informationen über seinen Pkw sowie über dritte Personen, die am Verfahren nicht beteiligt waren. Es war zwar festzustellen, daß die Ermittlungsakte einem Anwalt zur Einsicht übersandt worden war. Von dort konnten aber aus bestimmten Gründen die Kopien, die der Gefangene in den Händen hatte, nicht stammen.

Allerdings hatten sich aus den Aussagen der Zeugen in der Ermittlungsakte Anhaltspunkte für strafbare Handlungen anderer Personen ergeben. Die Kriminalpolizei ist diesen Anhaltspunkten nach Auskunft der Staatsanwaltschaft in der Form nachgegangen, daß sie Kopien aus dieser Ermittlungsakte fertigte und auf dieser Basis gesonderte Ermittlungsverfahren einleitete. Wenn in diese (durch die Kopien entstandenen) Akten Verteidiger Akteneinsicht genommen hatten, war nicht auszuschließen, daß auf diese Art und Weise Kopien aus der Ermittlungsakte in den Besitz von Gefangenen gekommen waren.

Allerdings war aus der ursprünglichen Ermittlungsakte nicht ersichtlich, gegen welche Personen neue Ermittlungsverfahren auf der Basis der gefertigten Kopien eingeleitet wurden. Es war auch nicht dokumentiert, welche Seiten aus der Akte in Kopie in andere Vorgänge übernommen worden waren. So konnten Daten der geschilderten Art über den Petenten und von Unbeteiligten Eingang in Ermittlungsakten gegen andere Personen gefunden haben, ohne das dies nachvollziehbar war.

Eine weitere mögliche Datenquelle war die unverschlossene Übersendung der Ermittlungsakte an die Justizvollzugsanstalt, weil sie die Möglichkeit der Kenntnisnahme Dritter eröffnet hat. Dies haben wir gegenüber dem Generalstaatsanwalt kritisiert.

Wir haben überdies den Justizminister gebeten, sicherzustellen, daß künftig zur Vermeidung von Verstößen gegen das LDSG das Fertigen von Kopien zum Zwecke der Einleitung neuer Ermittlungsverfahren gegen andere Personen oder zu sonstigen Zwecken in der jeweiligen Ermittlungsakte dokumentiert wird.

Der ebenfalls eingeschaltete Generalstaatsanwalt hielt es für geboten und "üblich", daß beim Heraustrennen eines Ermittlungsverfahrens aus einem bestehenden, der neue Vorgang mit zu fertigenden Kopien aus den bereits bestehenden Akten eingeleitet wird. Allerdings geschehe dies nach seiner Auffassung nicht formlos, sondern stets mit einer Verfügung, die den Akt des Herausnehmens im abgebenden und einleitenden Vorgang erkennbar mache. Der Datenfluß bleibe somit rekonstruierbar. Vor diesem Hintergrund schien ihm das Anliegen des Datenschutzbeauftragten eine Selbstverständlichkeit zu sein.

Die vorliegende Eingabe zeigt aber, daß in der Vergangenheit nicht in allen Fällen so verfahren wurde.

4.3.5

Mehr Datenschutz für Zeugen

Datenschutz für Zeugen nutzt auch der Strafverfolgung. Der Justizminister will in besonderen Fällen auf die Aufnahme der Zeugenanschrift in Anklageschriften und Strafbefehlsanträgen verzichten. Der Landesbeauftragte meint, bei Strafbefehlsanträgen könnte die Zeugenanschrift stets entfallen.

Zu den wichtigsten Maßnahmen zur Effektivierung der Strafverfolgung zählt der Zeugenschutz. Datenschutz für Zeugen ist also alles andere als Täterschutz. Auch der Gesetzgeber hat inzwischen den Zeugenschutz verbessert und mehr Möglichkeiten eröffnet, daß ein Zeuge seine Anschrift oder seine Identität nicht offenbaren muß. In der Praxis ergeben sich aber immer wieder Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den schutzwürdigen Belangen von Zeugen und den legitimen Interessen einer effektiven Verteidigung.

Den Fall des Zeugen einer Schlägerei, der fürchtete, nunmehr selbst das Opfer des Schlägers zu werden und deshalb seine Privatanschrift nicht angeben wollte, haben wir zum Anlaß genommen, uns beim Justizminister für mehr Datenschutz für Zeugen einzusetzen. Per Erlaß hat er daraufhin den Gerichten und Staatsanwalten mitgeteilt, er habe keine Einwendungen, wenn "in besonderen Einzelfällen" davon abgesehen werde, in die Anklageschrift oder den Strafbefehlsantrag die volle Zeugenanschrift aufzunehmen.

Nach der jüngsten Novellierung der Strafprozeßordnung besteht auch eine gesetzliche Grundlage, unter bestimmten Voraussetzungen von der Angabe der Privatadresse abzusehen. Es bleibt nach wie vor zu prüfen, ob nicht bei Strafbefehlsanträgen generell auf die Angabe der Zeugenanschrift verzichtet werden kann. In anderen Bundesländern wird bereits entsprechend verfahren. Dort geht man von der Überlegung aus, daß es in der großen Mehrzahl der Strafbefehlsverfahren nicht zu einem Einspruch und in der Folge zur mündlichen Verhandlung kommt. Deshalb brauche der Beschuldigte in diesem Verfahrensstadium die Privatanschrift von Zeugen noch nicht.

Um Zeugenschutz ging es auch in einem anderen Fall.

In einer Ermittlungssache gegen Gefangene wegen Meuterei und Körperverletzung in der Frauenabteilung einer Justizvollzugsanstalt waren mehrere Vollzugsbeamte zur zeugenschaftlichen Vernehmung bei der Polizei vorgeladen worden. Die Vorladung erfolgte über die Anschrift der Justizvollzugsanstalt. Bei der Zeugenvernehmung mußten sie ihre Privatanschrift angeben, was zur Folge hatte, daß diese in der Anklageschrift in vollem Text erschien.

Einer der Betroffenen wandte sich an uns und berichtete, daß eine Gefangene in der Anstalt damit geprahlt habe, jetzt sei sie über die Privatanschriften des Aufsichtspersonals informiert. Dies verursachte bei dem Betroffenen und seinen Kolleginnen und Kollegen ein verständliches Unsicherheitsgefühl.

Die von uns eingeschaltete zuständige Staatsanwaltschaft kündigte an, sie werde künftig in Anklageschriften generell die Privatanschriften von Vollzugsbeamten nicht mehr nennen und statt dessen die Dienstanschrift verwenden. Die Maßnahme dürfte aber nur dann durchgreifenden Erfolg haben, wenn auch die Polizei bei ihren Vernehmungen entsprechend verfährt. Wir haben den Innenminister gebeten, für eine solche Verfahrensweise Sorge zu tragen. Bis zur Fertigstellung des Berichts lag noch keine abschließende Stellungnahme vor.

4.3.6

Risiken bei der Genomanalyse in Strafverfahren

Eine einwandfreie gesetzliche Grundlage für Genomanalysen im Strafverfahren fehlt nach wie vor. Auch die schleswig-holsteinische Polizei soll künftig für die Durchführung von Genomanalysen ausgerüstet werden. Die Analysen sollen sich aber nur auf den "nichtcodierenden" Bereich der Genome beziehen.

Der Gesetzentwurf zur Einführung des sogenannten genetischen Fingerabdrucks in das Strafverfahren ist auch im vergangenen Jahr nicht verabschiedet worden. Gleichwohl sind die technischen Möglichkeiten der Polizei zur Durchführung von Genomanalysen weiter verbessert worden. Auch in Schleswig-Holstein ist für 1993 geplant, Genomanalysen in den Bereich der Kriminaltechnik des Kriminalpolizeiamtes einzuführen.

Wir sind nach wie vor der Auffassung (vgl. 12. TB., S. 48), daß die Strafprozeßordnung in ihrer gegenwärtigen Form als Rechtsgrundlage für Genomanalysen nicht ausreicht. Das entscheidende Risiko, das aus datenschutzrechtlicher Sicht bei Genomanalysen besteht, liegt nicht in der Entnahme der für die Durchführung der Analyse notwendigen Blutproben oder anderen körperlichen Stoffe. Problematisch ist vielmehr die Möglichkeit, daß im Rahmen der Genomanalyse über die Identität hinaus Feststellungen zu Erbanlagen, persönlichen Eigenheiten, Veranlagungen zu bestimmten Krankheiten etc. festgestellt werden. Diese Risiken für das allgemeine Persönlichkeitsrecht sind in der Strafprozeßordnung nicht hinreichend behandelt und sollen erst durch den erwähnten Gesetzentwurf berücksichtigt werden.

Gegen die Einrichtung von Genomanalyse-Verfahren in Schleswig-Holstein vor Verabschiedung der notwendigen gesetzlichen Grundlagen bestünden Bedenken, wenn nicht sichergestellt wäre, daß sich die Genomanalyse ausschließlich auf die Feststellung der Identität beschränken wird. Auf entsprechende Nachfrage teilte der Innenminister mit, daß im Rahmen der geplanten Maßnahmen lediglich Analysen im sog. nicht-codierenden Bereich der Genome durchgeführt werden sollen. Dementsprechend könnten auch nur Identitätsfeststellungen und nicht weitergehende Persönlichkeitsanalysen durchgeführt werden.

Inzwischen hat die Polizei öffentlich Klage geführt, Politiker "blockierten" ein "sicheres Beweismittel". Gemeint war damit aber nicht die noch fehlende Rechtsgrundlage, sondern das Fehlen von ausreichend geschultem Personal, um in Schleswig-Holstein mit der Durchführung von Genomanalysen beginnen zu können. Beim Bundeskriminalamt müsse man ein Jahr auf Ergebnisse warten. Solange könne man Tatverdächtige nicht in Untersuchungshaft halten.

Bei solcher Argumentation drängt sich die Frage auf, wie die Polizei vor Entdeckung der Genomanalyse, die erst vor wenigen Jahren erfolgte, ermittelt hat. Die Gerichte, die bislang die Genomanalyse nur zögernd zugelassen haben, stellen darauf ab, daß eine Verurteilung nicht allein auf das Ergebnis der Genomanalyse gestützt werden darf. Es sei nur ein - wenn auch relativ sicheres - Beweismittel neben anderen. Die Polizei kommt also nicht umhin, auch nach Einführung der Genomanalyse in Schleswig-Holstein auch weiterhin parallel zu ermitteln.

4.3.7

Mitteilungen in Strafsachen: Gesetz läßt weiter auf sich warten

Das Justizmitteilungsgesetz ist noch nicht verabschiedet. Die Datenübermittlungen nach der Verwaltungsvorschrift "Mitteilungen in Strafsachen" laufen weiter. Die Praxis konnte im Berichtsjahr geringfügig verbessert werden.

Das seit Jahren angekündigte Justizmitteilungsgesetz ist auch im Berichtszeitraum nicht verabschiedet worden. Nach wie vor werden aber Mitteilungen über Strafverfahren nach der Verwaltungsvorschrift "Mitteilungen in Strafsachen" (MiStra) vorgenommen. Wir bemühen uns seit langem, zumindest in der praktischen Anwendung der MiStra datenschutzrechtliche Verbesserungen zu erreichen.

Der Justizminister hat im Berichtsjahr mitgeteilt, daß er die Staatsanwaltschaften um Berücksichtigung folgender Gesichtspunkte gebeten habe:

  • Der jeweilige Empfänger soll darauf hingewiesen werden, daß eine Verwendung der in der Mitteilung enthaltenen Daten nur für den Zweck zulässig ist, für den sie übermittelt worden sind. Im Falle der Zweckerreichung sind sie zu vernichten.
  • Der Beschuldigte ist zeitgleich mit der Veranlassung der Mitteilung selbst zu benachrichtigen.

Darüber hinaus gab der Justizminister zu erwägen, ob die Mitteilung nicht erst nach Zustellung der Anklage oder des Strafbefehls erfolgen könne. In der Anklageschrift bzw. im Strafbefehlsantrag könne dann bereits auf die beabsichtigte Mitteilung hingewiesen werden. Diesen Vorschlag haben wir unterstützt, weil in diesen Fällen dann auch unserer Forderung Rechnung getragen wäre, daß der Betroffene vor der Mitteilung Kenntnis erhält. Er kann sich dann rechtzeitig darauf einstellen und seinem Dienstherrn eine Schutzschrift oder eine andere Form der "Gegendarstellung" an die Hand geben.

4.3.8

Datenschutzrechtliche Probleme beim Grundbuch

Auch der Justizminister bejaht nunmehr die Notwendigkeit, Einsichtnahmen in das Grundbuch zu protokollieren. Damit kann künftig nachvollzogen werden, wer wann Einsicht in das Grundbuch genommen hat.

In den vergangenen Jahren wurde mehrfach über unsere Forderung berichtet, Einsichtnahmen in das und Abschriften aus dem Grundbuch zu dokumentieren (vgl. 12. TB., S. 53). Dabei gehen wir davon aus, daß es ein erhebliches berechtigtes Interesse von Grundstückseigentümern gibt, nachvollziehen zu können, wer sich für ihre Eigentums- und im Hinblick auf ggf. eingetragene Grundpfandrechte - finanziellen Verhältnisse interessiert. Nunmehr ergibt sich auch aus dem LDSG die Verpflichtung, jede Datenübermittlung zu protokollieren. Wir haben den Justizminister Anfang des Jahres gebeten, seinen bislang ablehnenden Standpunkt daraufhin noch einmal zu überprüfen. Auch er ist jetzt der Auffassung, daß die Einsichtnahme in das Grundbuch protokolliert werden muß. Er ist derzeit dabei, noch offenstehende praktische Fragen mit den Gerichten zu klären.

Auch im Berichtsjahr gab es wiederholt Eingaben, die sich mit datenschutzrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Grundbuch und Grundbuchauskünften befaßten. Ein Petent besaß z.B. einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück. Ein anderer Miteigentümer erhielt einen Grundbuchauszug, der sämtliche Miteigentumsanteile einschließlich der jeweiligen Grundstücksbelastungen enthielt. Wir nahmen dies zum Anlaß, den Justizminister erneut zu bitten, sich für eine datenschutzgerechte Überarbeitung der entsprechenden Vorschriften der Grundbuchordnung einzusetzen. Der Justizminister teilte mit, daß auf Bundesebene bereits eine Änderung der Grundbuchordnung in Vorbereitung sei. Bis dahin solle in verstärktem Maße von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, Miteigentumsanteile nur bei dem Hauptgrundstück und nicht mit einem eigenen Grundbuchblatt zu buchen. Die Grundbuchordnung läßt eine entsprechende Fallgestaltung zu. In diesem Falle kann es dann nicht mehr zu Auskünften der vom Petenten geschilderten Art kommen. Der Justizminister hat in einem Erlaß an alle Grundbuchämter darauf hingewiesen und gebeten, den datenschutzrechtlichen Belangen auf diese Weise gerecht zu werden.


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