15. Tätigkeitsbericht (1993)



1.

Die Lage des Datenschutzes in Schleswig-Holstein

1.1

Wechsel im Amt des Datenschutzbeauftragten

Zum 1. September 1992 ist Ernst Eugen Becker nach 14jähriger Tätigkeit als Landesbeauftragter für den Datenschutz in den Ruhestand getreten. Er hat das Amt aufgebaut und ihm in den schwierigen Anfangsjahren ein solides Fundament gegeben. Seine Art, die Dinge anzugehen, hat dem Datenschutz innerhalb und außerhalb von Schleswig-Holstein Respekt und Anerkennung eingebracht. Zu Recht haben deshalb die Repräsentanten des Landes Person und Leistung von Ernst Eugen Becker bei seiner Verabschiedung gewürdigt. Mit ihm ist ein konsequenter, wenngleich nie lautstark auftretender Verfechter des Datenschutzes gegangen. Er hat die Höhen und Tiefen des Amtes durchlebt, die Diskussion um die Volkszählung aktiv mitgestaltet und auf seine Art und Weise die Datenverarbeitung im Lande im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und der Wahrung ihrer Rechte nachhaltig beeinflußt. Seine Mitarbeiter verdanken ihm viele Jahre angenehmer, konstruktiver und effektiver Zusammenarbeit.

Der Landtag hat mich mit großer Mehrheit zum neuen Landesbeauftragten für den Datenschutz gewählt. In der parteiübergreifenden Zustimmung sehe ich eine besondere Ermutigung, das Amt konsequent und im Interesse aller Bürger auszuüben. Die dabei notwendigerweise auftretenden Streitfragen mit den datenverarbeitenden Stellen müssen ausgetragen werden. Ich setze aber gleichermaßen auf die Kooperation mit der Verwaltung. Sie muß nicht nur um der gesetzlichen Verpflichtung willen, sondern auch im eigenen Interesse für die Beachtung des Datenschutzes sorgen.

Insofern knüpfe ich da an, wo mein Vorgänger aufgehört hat. Natürlich möchte ich auch neue Akzente setzen, wo es mir von der Sache her geboten erscheint. In diesem Bericht, der zur Hälfte noch die Amtszeit meines Vorgängers betrifft, klingt das eine oder andere bereits an. An einigen Stellen mag auch das "Wir" ins Auge springen, mit dem zum Ausdruck kommen soll, daß in der Dienststelle des Landesbeauftragten auch in Zukunft Teamarbeit geleistet werden soll.

1.2

Die Möglichkeiten der Dienststelle

Über die Personalausstattung der Dienststelle ist im letzten Tätigkeitsbericht Klage geführt worden. Im Grunde hat sich an der Situation seitdem nichts Entscheidendes geändert. Immerhin konnte im Berichtsjahr eine neue Sachbearbeiterstelle besetzt werden, für 1993 besteht begründete Hoffnung auf Bewilligung einer weiteren Sachbearbeiterstelle durch das Parlament. Beide Male muß aber ein erheblicher Teil der Mehrkosten durch Einsparung an anderer Stelle des Haushalts erwirtschaftet werden, was bei einem kleinen Haushalt wie dem der Dienststelle ein Kunststück ist.

Angesichts der finanziellen Situation des Landes ist eine nachhaltige Verbesserung der Personalausstattung so schnell wohl nicht zu erwarten. Also muß versucht werden, mit dem vorhandenen Team soviel wie möglich für den Datenschutz zu erreichen.

Da eine wirksame Außenkontrolle bei den vielen datenverarbeitenden Stellen im Lande nur sporadisch möglich ist, kommt es auf eine sorgsame Auswahl der zu kontrollierenden Stellen an. Sie müssen repräsentativ für die Datenverarbeitungspraxis sein.

Für die Beseitigung der bei den Kontrollen aufgedeckten Schwachstellen ist langer Atem notwendig, damit der Kontrollaufwand lohnt. Es muß angestrebt werden, die Ergebnisse von Kontrollen zu verallgemeinern, wo immer dies möglich ist.

Es gilt aber auch, die Seite der Prävention zu verstärken. Deshalb stehen neben der Kontrolle Aufklärung und Fortbildung im Mittelpunkt der Arbeit. Kurz nach Inkrafttreten des neuen LDSG wurden Woche für Woche öffentlich Bedienstete ins Landeshaus nach Kiel zu eintägigen Fortbildungsveranstaltungen eingeladen. Insgesamt wurden 18 Tagesseminare mit 540 Teilnehmern, zumeist Multiplikatoren, durchgeführt. In ungezählten Vertragsveranstaltungen wurden darüber hinaus vor Ort den unterschiedlichsten Teilnehmerkreisen die Grundzüge des neuen Datenschutzrechts erläutert.

Ausgehend von dem erfolgreichen Datenschutztag im Kieler Landeshaus wurde mit der Veranstaltung regionaler Datenschutztage in den Kreisen und den kreisfreien Städten begonnen. In Lübeck und Husum hat die Dienststelle einen ganzen Tag lang in den dortigen Rathäusern in Vorträgen, Arbeitsgruppen, Podiumsdiskussionen und Einzelgesprächen Hinweise für die praktische Handhabung des Datenschutzrechts gegeben. Die Bürger konnten sich an Ausstellungsständen, in Bürgersprechstunden und im Rahmen von Telefonberatungen über Datenschutz und Datensicherheit und über ihre Rechte informieren.

Die Veranstaltungen haben bei Bürgern, Verwaltung und Presse einen guten Anklang gefunden. Sie sollen 1993 fortgeführt werden. Wir verbinden damit die Hoffnung, daß das Wissen über die datenschutzrechtlichen Rechte und Pflichten bei den Betroffenen dadurch verbreitet wird. Aufklärung und Vorbeugung haben also nicht nur im Gesundheits- und Sicherheitsbereich, sondern auch beim Datenschutz ihren guten Sinn.

1.3

Die Reaktion der Verwaltung auf die Kontrollen des Landesbeauftragten für den Datenschutz

Der Verwaltung wird manchmal nachgesagt, sie arbeite zu langsam. Ob das in dieser Allgemeinheit zutrifft, mag dahinstehen. Würde man die Reaktion auf die Kontrollen des Datenschutzbeauftragten zum Maßstab nehmen, so könnte man allerdings sich leicht zu diesem Schluß verleiten lassen.

Zumeist dauert es schon Monate, bis die ersten Stellungnahmen zu den Prüfberichten eingehen. Danach beginnen oft zeitraubende Verhandlungen über die strittigen Punkte. Sind die schließlich abgehakt, dann steht die Phase der Realisierung der zugesagten Veränderungen an. Zwischen dem Beginn einer Querschnittskontrolle und der Umsetzung der notwendigen Verbesserungen vergehen so oft Jahre - eine Ewigkeit in den Maßstäben der elektronischen Datenverarbeitung.

Beispiele für die langwierige Umsetzung datenschutzrechtlicher Anforderungen finden sich auch in diesem Bericht (Tz. 6.1.3).

Die Gründe für die zögerliche Haltung mancher Behörden in Datenschutzfragen sind vielschichtig. Berichte über Querschnittskontrollen sind häufig umfangreich und berühren viele Aspekte des Verwaltungsvollzugs. Werden grundlegende Veränderungen angemahnt, so mag man sich zweimal überlegen, wie die Sache angepackt werden soll. Dies und das kann im Einzelfall hinzukommen und die Verzögerung plausibel erscheinen lassen.

Gelegentlich mag auch das lautstarke Klagen über zuviel Datenschutz davon abhalten, daß tatsächlich etwas für den Datenschutz der Bürger getan wird.

Alles in allem ist kaum vorstellbar, daß die Verwaltung auch im übrigen so zögerlich bei der Umsetzung von Gesetzen ist. Es ist also eine Frage der Prioritäten, die man setzt. Besonders ins Auge springt dabei die Kontrolle der Datenverarbeitung bei der Polizei. Sie wurde 1988 übersandt. Unter Tz. 4.1.3.2 ist nachzulesen, wie sich der Stand der Dinge gegenwärtig darstellt und welchen Kritikpunkten inzwischen Rechnung getragen ist. Zu wenig, gemessen an der Bedeutung der polizeilichen Datenverarbeitung für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Gewiß, die Polizei muß primär Gefahren abwehren und Straftaten aufklären, der Justizminister muß den ordnungsgemäßen Betrieb der Vollzugsanstalten sicherstellen, die Datenzentrale muß Daten verarbeiten usw. Aber alle dürfen es nur unter Einhaltung der Gesetze, einschließlich des Datenschutzrechts.

1.4

Die Reaktion der Verwaltung auf das neue Landesdatenschutzgesetz

Das neue LDSG ist nun seit über einem Jahr in Kraft. Natürlich ist es noch zu früh, ein fundiertes Urteil über seine Akzeptanz und Beachtung bei der Verwaltung zu treffen.

Über erste Erfahrungen mit dem neuen Gesetz, die aus der Verwaltung berichtet wurden, ist an anderer Stelle (vgl. Tz. 4.2.1) nachzulesen. Bereits im Herbst des Berichtsjahres haben wir einige ausgewählte Bereiche stichpunktartig überprüft und dabei einzelne Mängel bei der Anwendung des neuen Gesetzes festgestellt. Im großen und ganzen sind aber noch keine gravierenden Unzuträglichkeiten zutage getreten. Vermutlich gibt es aber eine hohe Dunkelziffer an datenschutzrechtlichen Verstößen, und sei es aus Unkenntnis der Vorschriften. Aus der bisher nur zögerlich erfolgenden Anmeldung neuer automatisierter und insbesondere der ausbleibenden Nachmeldung manueller Karteien (vgl. Tz. 6.2.2) läßt sich der Schluß ziehen, daß trotz aller Aufklärung bei vielen Stellen noch Unkenntnis über die praktischen Auswirkungen des neuen LDSG herrscht. Weitere Kontrollen werden im laufenden Jahr diesbezüglich mehr Klarheit schaffen.

Wir haben im vergangenen Jahr umfangreiche Hinweise zum neuen LDSG herausgegeben, die im Amtsblatt für Schleswig-Holstein (Amtsbl. 1992, S. 753) veröffentlicht wurden. Sie sollen die Handhabung des Gesetzes erleichtern und auslegungsbedürftige Bestimmungen präzisieren.


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