26. Tätigkeitsbericht (2004)

4.4

Ausländerverwaltung

Auch im dritten Jahr nach den Anschlägen des 11. September 2001 werden die Maßnahmen zur biometrischen Reisekontrolle weiter verstärkt. Künftig sollen schon Visa-Antragsteller biometrisch erfasst werden.

Die weltweiten terroristischen Anschläge der letzten Jahre haben nachhaltige Auswirkungen auf die Kontrolle des grenzüberschreitenden Personenverkehrs. Praktisch sämtliche Aktivitäten verfolgen das Ziel einer möglichst eindeutigen Identifizierung der Reisenden. Dabei setzt sich inzwischen als Standard die biometrische Erfassung und Überprüfung durch (vgl. Tz. 2).

Mit dem Anfang 2002 in Kraft getretenen Terrorismusbekämpfungsgesetz wurden die rechtlichen Grundlagen für die biometrische Erfassung von Ausländerinnen und Ausländern ausgeweitet. Wurden bisher die Fingerabdrücke der Flüchtlinge erfasst und zentral gespeichert, so sollen künftig schon die Visa-Antragsteller aus so genannten Problemstaaten biometrisch identifiziert werden. Zudem wurde eine Rechtsgrundlage für biometrische Ausländerausweisdokumente geschaffen (vgl. 24. TB, Tz. 4.5.2). Inzwischen startete im nigerianischen Lagos ein Pilotprojekt, bei dem sämtliche Antragsteller auf Erteilung eines Visums ihre Fingerabdrücke abgeben müssen, sowie ein Gesichtserkennungsverfahren im indonesischen Jakarta. Ein weiterer Testlauf mit Iriserkennung soll in einem anderen Staat folgen. Das beste der drei Verfahren soll dann zum Standard bei Visaverfahren in 32 Ländern werden.

Ein weiteres Beispiel zielt darauf ab, Flüchtlingen ohne Ausweispapiere aufgefundene Reisepässe oder sonstige Reisedokumente zuzuordnen, um deren Identität bzw. Herkunftsstaat ausfindig zu machen. Zu diesem Zweck soll bundesweit eine zentrale Passabgleichsstelle eingerichtet werden. Es soll ein elektronisches Verfahren eingesetzt werden, bei dem die Passbilder der gefundenen Dokumente mit den Gesichtsprofilen der passlosen Ausländer verglichen werden. Mit den Datenschutzbeauftragten anderer Länder stimmen wir darin überein, dass ein solches Verfahren derzeit gesetzlich nicht zulässig ist.

Parallel dazu wird weltweit an der Entwicklung von Standards für die biometrische Aufrüstung der Reisepässe gearbeitet. Eine ”Arbeitsgruppe Immigrationsexperten” der acht führenden Industriestaaten (G8) entwickelte erste Überlegungen zu einem ”vollständigen gemeinsamen technischen Interoperabilitätsstandard”. Die EU-Regierungschefs erteilten der EU-Kommission den Auftrag, die Aufnahme von biometrischen Merkmalen in Ausweisen vorzubereiten. Die Kommission unterbreitete im Herbst 2003 entsprechende Vorschläge, zu denen auch eine Speicherung im europaweiten Schengen Informationssystem gehört. Eine neue Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation sieht international gültige Biometrieausweise für Seeleute vor. In der weltweiten Standardisierung engagiert sich insbesondere auch die Internationale Zivile Luftfahrtorganisation.

Zwar wird bei den europäischen Planungen auf die Anwendbarkeit der Europäischen Datenschutzrichtlinie hingewiesen. Konkrete Vorschläge zur spezifischen Umsetzung der Zweckbindung der biometrischen Daten bestehen aber nicht einmal auf nationaler, geschweige denn auf supra- bzw. internationaler Ebene. Heikel ist dies, da die biometrischen Ausweisangaben, je nach eingesetztem technischen Verfahren, auch für andere Zwecke, insbesondere Strafverfolgungszwecke, genutzt werden können. Im Fall einer Standardisierung könnten die Identifizierungsdaten zu einem weltweit einheitlichen Personenkennzeichen werden.

Was ist zu tun?
In einem internationalen Abkommen über die Aufnahme von biometrischen Merkmalen in Reisedokumente müssen datenschutzrechtliche Vorkehrungen vorgesehen werden, die eine Zweckentfremdung der Identifizierungsdaten verhindern.


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