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Kernpunkte:


  • Geschäftsgeheimnisse europäisch definiert
  • Eigenverantwortlichkeit bei erlangten Informationen
  • Transparenzportal 

 

12  Informationsfreiheit

12.1        Geschäftsgeheimnisse europäisch definiert

Mit dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen hat der Bundesgesetzgeber in Umsetzung einer europäischen Richtlinie auch die Begriffsbestimmung für die Geschäftsgeheimnisse neu geformt. Demnach gilt:

„Geschäftsgeheimnis ist eine Information,

  • die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
  • die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
  • bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.“

Die Einschätzung, inwieweit Geschäftsgeheimnisse bei der Gewährung eines Informationszugangs durch informationspflichtige Stellen bereitzustellen sind, ist Gegenstand einer Prüfung von § 10 Satz 1 Nr. 3 Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein (IZG-SH). Nach dieser Vorschrift ist der Antrag u. a. abzulehnen, soweit durch die Bekanntgabe der Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden. Dies bedingt eine Untersuchung, ob die begehrten Informationen überhaupt ein Geschäftsgeheimnis darstellen.

Mit der neuen Begriffsbestimmung werden zunächst die bisher verwendeten Kriterien berücksichtigt, wie etwa das berechtigte Interesse an einer Geheimhaltung, das auch mit der Wettbewerbsrelevanz der Geschäftsgeheimnisse im Zusammenhang steht.

Besondere Bedeutung hat jedoch das neu geschaffene Merkmal, wonach die schutzbedürftigen Informationen Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen sein müssen. Dabei fehlen nähere Hinweise des Gesetzgebers, was konkret angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen sein können. Es liegt aber nahe, dass der Geheimnischarakter und damit auch die Qualität der Informationen als Geschäftsgeheimnis verloren gehen, wenn angemessene Sicherheitsmaßnahmen fehlen. Für jedermann zugängliche Informationsquellen im Internet oder frei zugängliche Räume mit dort gelagerten schutzbedürftigen Unterlagen würden keine angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen darstellen. Unternehmen sollten im Fall von Geschäftsgeheimnissen weitere Sicherheitsmaßnahmen erwägen, wie etwa eine Verschlüsselung von Datenträgern und eine probate Benutzer- und Rechteverwaltung.

 

Was ist zu tun?
Für die geheimhaltungsbedürftigen Informationen, die inhaltlich den Charakter eines Geschäftsgeheimnisses erfüllen, müssen angemessene Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden. Hiervon kann für die Beurteilung nach § 10 Satz 1 Nr. 3 IZG-SH abhängen, inwieweit ein Geschäftsgeheimnis vorliegt.

 

12.2        Erforderlichkeit zur Angabe einer Postadresse

In einer Angelegenheit ist ein Bürger an uns herangetreten, weil die informationspflichtige Stelle von ihm die Angabe seiner postalischen Anschrift forderte.

Vorausgegangen war ein per E-Mail gestellter IZG-SH-Antrag des Bürgers bei der informationspflichtigen Stelle. Diese verlangte von dem Antragsteller vor der Bearbeitung seines Antrags die Angabe seiner vollständigen postalischen Anschrift. Begründet wurde diese Forderung damit, dass dies für den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids erforderlich sei und der Antragsteller zudem identifiziert werden müsse.

Das ULD konnte sich dieser Rechtsauffassung nicht anschließen. Die Aufforderung an den Antragsteller, seine postalische Anschrift bekannt zu geben, liefe darauf hinaus, eine bestimmte Form des Antrags zu verlangen. Bereits hierzu fehlt im IZG-SH eine entsprechende Verpflichtung. Der Gesetzgeber hat vielmehr ausdrücklich von einem Formerfordernis abgesehen. Anträge können schriftlich, mündlich oder elektronisch gestellt werden. Die Angabe einer Postanschrift wird nicht gefordert.

Sofern die anstehende Informationserteilung personenbezogene Daten Dritter berühren würde, ist die Datenübermittlung an den Empfänger nach Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 24 DSGVO zu protokollieren und im Rahmen eines etwaigen Auskunftsverlangens an den betroffenen Dritten nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c DSGVO zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass die zu Protokollzwecken vorzunehmende Abfrage der postalischen Anschrift so lange unzulässig bleibt, wie die Übermittlung der personenbezogenen Daten des Dritten nicht unmittelbar bevorsteht. Die postalische Anschrift wäre im Übrigen auch nicht für die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 10 Satz 3 IZG-SH notwendig.

Grundsätzlich ist es nach Auffassung des ULD weder aus Bestimmtheitsanforderungen noch aus Gründen der wirksamen Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes erforderlich, dass der per E‑Mail anfragende Antragsteller seine postalische Anschrift nennt. Sollten für die Bereitstellung der Informationen Kosten anfallen, wäre dies für den vorliegenden Fall zu prüfen.

Entgegen der im geführten Verfahren vorgebrachten Ansicht der informationspflichtigen Stelle ist der Antragsteller aber nicht verpflichtet, mittels Angabe der Postanschrift eine Anspruchsberechtigung nachzuweisen.

 

12.3        Eigenverantwortlichkeit bei der Weiterverwendung der erlangten Informationen

Erhält die antragstellende Person auf den Antrag nach dem IZG-SH die begehrten Informationen, möchte sie die Informationen meist auch weiterverwenden. Mitunter ergeben sich sogar bereits in der Anfrage Anhaltspunkte dafür, dass eine Veröffentlichung der erlangten Informationen durch die antragstellende Person im Internet geplant ist.

Dabei ist zu beachten, dass das IZG-SH keine Regelungen dazu enthält, wie die durch dieses Gesetz erlangten Informationen weiterverwendet werden dürfen. Die antragstellende Person handelt bei der Weiterverwendung der erlangten Informationen daher in voller Eigenverantwortung. Das bedeutet, dass von der antragstellenden Person verschiedene Aspekte, wie etwa die Persönlichkeitsrechte anderer Personen oder andere Rechte Dritter, zu prüfen und zu berücksichtigen sind. Auch sind etwaige zivilrechtliche Forderungen der von der Übermittlung betroffenen Dritten wegen Verletzung von deren Rechten (z. B. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) in Betracht zu ziehen. Nichts anderes ergibt sich aus dem Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG).

Die informationspflichtige Stelle, welche die Informationen herausgibt und z. B. Anhaltspunkte dafür hat, dass von der antragstellenden Person eine Veröffentlichung im Internet geplant ist, darf die Verwendung der Informationen aus diesem Grund nicht einschränken. Das IZG-SH enthält dafür keine Rechtsgrundlage. Die informationspflichtige Stelle kann und sollte aber einen Hinweis auf die Eigenverantwortlichkeit der antragstellenden Person erteilen.

 

Was ist zu tun?
Die antragstellende Person muss eigenverantwortlich prüfen, ob eine beabsichtigte Weitergabe der von der informationspflichtigen Stelle erlangten Informationen zulässig ist. Auf diesen Umstand sollten die informationspflichtigen Stellen hinweisen.

 

12.4        Kosten bei der Erteilung des Informationszugangs in Selbstverwaltungsangelegenheiten

Wiederholt wurde an das ULD die Frage herangetragen, ob die informationspflichtige (kommunale) Stelle in Selbstverwaltungsaufgaben Kosten für die Erteilung der Informationen, die nach dem IZG-SH herausgegeben wurden, nach einer kommunalen Satzung oder nach der Landesverordnung über Kosten nach dem Informationszugangsgesetz (IZG-SH-KostenVO), die eine Beschränkung der Gebühren vorsieht, verlangen darf.

Das ULD vertritt die Auffassung, dass auch in diesen Fällen die IZG-SH-KostenVO als Rechtsgrundlage für die Erhebung und Bemessung von Kosten heranzuziehen ist. Ableitbar ist dies aus den Gesetzesmaterialien zum IZG-SH. Der Gesetzgeber wollte bereits im Rahmen der früheren Regelung mit der Kostenregelung sicherstellen, dass die antragstellende Person nicht durch zu hohe Kosten abgeschreckt wird. Dies würde dem Grundcharakter dieses Gesetzes, das den Zugang zu Informationen unabhängig von einem bestehenden Interesse ermöglichen will, zuwiderlaufen. In den Gesetzesmaterialien findet sich zwar des Weiteren der Hinweis, dass sich die in dem weggefallenen Umweltinformationsgesetz Schleswig-Holstein (UIG-SH) enthaltene Ermächtigung zur Gebührenerhebung u. a. auch an die kommunalen Gebietskörperschaften richtet, wenn sie für Informationserteilungen in Selbstverwaltungsangelegenheiten Kosten nach dem Kommunalabgabengesetz erheben (Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drs. 16/722, Seite 37 zu § 9).

Unter Berücksichtigung der weiteren Gesetzesmaterialien (Drs. 17/171, Seite 24 zu § 9) kann dieser Hinweis jedoch nicht so verstanden werden, dass Satzungen anstelle der IZG-SH-KostenVO anwendbar sind. Der Gesetzgeber weist eindeutig auf „speziellere Vorgaben“ des damaligen UIG-SH (Drs. 17/171, Seite 24 zu § 9) bzw. auf eine „spezifische Kostenregelung“ im Verordnungswege hin (Drs. 17/1610, Seite 25 zu § 12). Hätte der Gesetzgeber eine Öffnungsklausel gewollt, die weiter gehende satzungsrechtliche Vorschriften zulässt, hätte er dies ausdrücklich geregelt – beispielsweise entsprechend § 10 Abs. 3 Satz 1 des Akteneinsichts- und Informationsgesetzes des Landes Brandenburg, der eine Befugnis, die Erhebung von Gebühren und Auslagen auch durch Satzung regeln zu können, enthält.

 

Was ist zu tun?
Werden Informationen nach dem IZG-SH bereitgestellt, die Selbstverwaltungsangelegenheiten der informationspflichtigen Stelle betreffen, sind etwaige Kosten nach der IZG-SH-KostenVO zu erheben.

 

12.5        Transparenzportal – Veröffentlichungspflichten der Landesbehörden

Unter der Überschrift „Transparenzgesetz Schleswig-Holstein“ wurde das IZG-SH vor einigen Jahren reformiert (36. TB, Tz. 12.1). In einer ersten Stufe ist die Veröffentlichungspflicht für Landesbehörden ab dem 01.01.2020 dort geregelt (§ 11 IZG-SH in neuer Fassung). Hierbei entsteht die Verpflichtung für die genannten Stellen, Richtlinien, Runderlasse an andere Behörden, amtliche Statistiken, öffentliche Tätigkeitsberichte und Broschüren, Haushaltspläne, Stellenpläne und Wirtschaftspläne sowie Vorlagen der Landesregierung nach Beschlussfassung und Mitteilung an den Landtag aktiv zu veröffentlichen.

Das Land richtet hierzu ein zentrales elektronisches Informationsregister und Informationsregisterstellen ein, um das Auffinden der Informationen zu erleichtern und interessierte Personen zu beraten. Aus diesem Grund wurde das Transparenzportal Schleswig-Holstein in Betrieb genommen, in dem Bürgerinnen und Bürger nach Informationen suchen können (siehe auch Tz. 6.3.2).

Einzelheiten, insbesondere die organisatorischen Zuständigkeiten und Pflichten der einzelnen Behörden zur Erfüllung der Veröffentlichungspflichten, regelt die Landesregierung nach § 11 Abs. 5 IZG-SH in einer Rechtsverordnung.

Das Transparenzportal ist erreichbar unter:

https://transparenz.schleswig-holstein.de/ [Extern]

 

Was ist zu tun?
Landesbehörden sind nach § 11 Abs. 3 IZG-SH verpflichtet, die im IZG-SH näher bestimmten Informationen mit einheitlichen Metadaten zu registrieren. Dafür müssen sie die organisatorischen Voraussetzungen schaffen.

 

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