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Kernpunkte:


  • Verfahren des Informationszugangsgesetzes
  • Auskunftsverweigerungsgründe

 

12  Informationsfreiheit

Die Verbesserung der Transparenz in der Verwaltung wie im gesellschaftlichen Leben generell ist ein zentrales Thema der Landespolitik geworden. Hierzu gehören Überlegungen und Vorbereitungen zur Schaffung eines landesweiten Transparenzregisters (Tz. 1.3). Das Informationszugangsgesetz (IZG) bewährt sich in der Praxis (34. TB, Tz. 1.2) und erweist sich sogar als wirksames Instrument gegen die auskunftsunwillige Finanzverwaltung (Tz. 4.8.1). Dessen ungeachtet kann und muss das Recht weiterentwickelt werden. Hierzu gehören auch parlamentarische Initiativen zur Schaffung von mehr Informationsfreiheit in einzelnen Bereichen. Zu diesen wird das ULD regelmäßig gehört. Dies gilt für einen Antrag, die Informationsfreiheit im NDR-Staatsvertrag zu regeln, oder einen Gesetzentwurf zur Veröffentlichung der Bezüge der Mitglieder von Geschäftsführerorganen und Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen.

Das ULD nimmt an den zweimal jährlich stattfindenden Konferenzen der Informationsfreiheitsbeauftragten (IFK) teil, deren Tätigkeit vom Arbeitskreis Informationsfreiheit (AKIF) vorbereitet wird. Eine wichtige Funktion des AKIF ist es, die operative Arbeit der Informationsfreiheitsbeauftragten untereinander abzustimmen und, wo nötig, zu koordinieren. Die IFK verabschiedet Entschließungen zur Verbesserung der Informationsfreiheit in Deutschland. Deren Hauptadressaten sind die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene.

http://www.lda.brandenburg.de/sixcms/detail.php?template=bbo_lda_sitzungen_dfb_d&_konf=bb1.c.281402.de&_aria=ae&_typ=Entschlie%C3%9Fung

 

12.1        IZG  und immer wieder die Kostenfrage

In der Beratungspraxis des ULD zum IZG sind Kostenfragen sowohl für Antragsteller als auch für informationspflichtige Stellen immer wieder mit Unsicherheiten verbunden und somit eine Herausforderung. Das ULD hat eine Handreichung auf seiner Homepage veröffentlicht mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Gerichtsentscheidungen und den Auskünften aus der Beratungspraxis des ULD.
https://www.datenschutzzentrum.de/artikel/857-.html

Am häufigsten wird gefragt, wann eine nach der Kostenverordnung zum IZG-SH kostenfreie „einfache Auskunft“ vorliegt. Hierbei ist auf den notwendigen Verwaltungsaufwand abzustellen. Zeitaufwände von einer halben bis zu einer Dreiviertelstunde sind noch als einfache und kostenfreie Auskunft zu behandeln.


12.2        Rechtsgutachten zur Vorbereitung von Entscheidungen

Das ULD befasst sich immer wieder mit der Frage, welche Unterlagen für den Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses wichtig sind (34. TB, Tz. 12.3). Geschützt sind ausschließlich solche Informationen, die es der informationspflichtigen Stelle ermöglichen, das Für und Wider einer Entscheidung umfassend zu würdigen und so unvoreingenommen zu einem Ergebnis zu gelangen. Maßgeblich ist allein der Verwendungszweck des Dokuments. Lässt eine Behörde zum Zwecke der Vorbereitung auf eine Entscheidung ein Rechtsgutachten anfertigen, das insbesondere Vorzüge, Nachteile und Risiken der unterschiedlichen Handlungsoptionen aufzeigt, dient dieses genau dem Zweck, alle Fakten unvoreingenommen würdigen zu können, und fällt deshalb unter den Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses.

Gegenüber dem Bundesrecht enthält das IZG keine Klarstellung, dass Gutachten und Stellungnahmen Dritter nicht der Entscheidungsvorbereitung dienen. Bloße Sachverhaltsdarstellungen und allgemeine rechtliche Ausführungen unterliegen auch nach Landesrecht voll der Auskunftspflicht. Bis zur Entscheidung dürfen zum Schutz interne Mitteilungen zurückgehalten werden, die unmittelbar den Abwägungsprozess betreffen und vorbereiten. Gerade bei Kommunen mit vielen ehrenamtlichen Entscheidungsträgern muss auf externe Gutachter als Helfer zur Entscheidungsfindung zurückgegriffen werden. Soweit diese in den Entscheidungsprozess einbezogen werden, rechtfertigt dies eine gesonderte Handhabung. Unmittelbar auf die Entscheidung gerichtete Inhalte eines beratenden Gutachters sollten in einem gesonderten Schriftstück übermittelt werden oder im Gutachten gekennzeichnet sein. Das Ergebnis des Entscheidungsprozesses und sämtliche Erwägungen unterliegen spätestens nach Abschluss des Entscheidungsprozesses umfassend dem Herausgabeanspruch.

Der Schutz behördlicher Entscheidungsprozesse wird oft zu Unrecht als Ausrede bemüht, um unliebsame Auskunftsansprüche abzuwehren. Bei der beratenden Einschaltung Dritter kann indes ein partielles Zurückhalten bis zum Zeitpunkt der Entscheidung gerechtfertigt sein.

 

12.3        Informationsherausgabe an Anonyme?

Immer wieder wird das ULD mit der Frage konfrontiert, ob unter Pseudonym oder per E-Mail gestellte Anträge wirksam sind. Informationspflichtige Stellen verweigerten die Bearbeitung, wenn Name und Adresse des Antragstellers nicht vorlagen. Teilweise wurde gar ein eigenhändig unterschriebener Antrag gefordert.

Das IZG sieht solche Voraussetzungen nicht vor. Jedermann hat Anspruch auf Informationen, die bei einer Behörde vorliegen. Eine bestimmte Form des Antrags ist nicht vorgeschrieben. Grenzen werden dem Anspruch lediglich zum Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Belange gesetzt. Die Erteilung mündlicher oder einfacher schriftlicher Auskünfte mit der Herausgabe von bis zu zehn Duplikaten ist gebührenfrei. Zur Erfüllung der Aufgabe „Auskunft nach dem IZG“ ist weder zur Prüfung des Antrags noch zu Abrechnungszwecken die Erhebung der Identität erforderlich. Eine dahin gehende Nachfrage ist datenschutzwidrig. Der Behörde müssen aber Rückfragen zur Konkretisierung des Antrags und die Zustellung der Antwort möglich sein. Beides ist bei telefonischen Anfragen, bei digitalen Eingängen per E-Mail oder über eine vermittelnde Webseite möglich.

Ist nach erster Sichtung des Vorgangs absehbar, dass abrechenbare Kosten für die Auskunftserteilung entstehen, ist eine Rückfrage beim Antragsteller unter Bezifferung der voraussichtlichen Kosten geboten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einfache Anfragen kostenfrei zu erteilen sind (Tz. 12.1). Eine Vorleistungspflicht des Antragstellers für Gebühren besteht nach dem IZG nicht. Zwecks Sicherung des Gebührenanspruchs kann dann die Identität erfragt werden. Die informationspflichtige Stelle ist gehalten, soweit möglich eine anonyme Zahlung per Vorkasse in bar oder per Überweisung an ein Kassenzeichen zu ermöglichen.

Was ist zu tun?
Anonyme Anträge sind zu bearbeiten. Dies kann im IZG klargestellt werden; eine Regelung könnte die anonyme Abwicklung und Bezahlung vorsehen.

 

12.4        Wahlausschüsse und sonstige Gremien

Ein Kreiswahlausschuss verweigerte die Einsicht in die Niederschriften über seine Sitzungen. Er sei keine Behörde und damit nicht auskunftspflichtig. Gemäß dem IZG sind alle Behörden des Landes, der Gemeinden, Kreise und Ämter sowie der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechtes informationspflichtige Stellen. Der Behördenbegriff ist funktional zu verstehen und erfasst alle Stellen, die mit Verwaltung befasst sind. Ausnahmen bilden lediglich der Landtag, Gerichte, Strafverfolgungsbehörden, der Landesrechnungshof und oberste Landesbehörden, soweit letztere im Gesetzgebungsverfahren tätig werden. Die engen Ausnahmen vom Anwendungsbereich des IZG machen deutlich, dass die Tätigkeit von Wahlausschüssen dem Informationsanspruch unterliegt. Das Oberverwaltungsgericht Bremen entschied bereits im August 2011, dass wahlrechtliche Vorschriften und Wahlgrundsätze einer Einsicht Dritter in Wahlniederschriften nicht entgegenstehen. Der Wahlausschussleiter muss über entsprechende Anträge schon nach dem Wahlrecht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden und bei Geltendmachung eines berechtigten Interesses die Einsichtnahme in der Regel gewähren.

Was ist zu tun?
Der Behördenbegriff des IZG ist weit zu verstehen. Ist eine Stelle nicht explizit vom IZG ausgenommen, ist ein Antrag schon mit Blick auf die neue Regelung in der Landesverfassung informationsfreundlich zu behandeln.

 

12.5        Kommunen sind keine Dokumenten-Lieferdienste

Oft, aber nicht immer kann das ULD auf eine Herausgabe der begehrten Information hinwirken. Nicht helfen konnte es einem Antragsteller, der einen Artikel aus einem Fachverlag für Kommunen begehrte. Ist eine Gemeinde Mitglied in dem Verband, der die Schriftenreihe herausgibt, erhält sie kostenlosen Online-Zugang zur Bibliothek. Für Externe ist der Artikel nur im teuren Einzelabruf erhältlich. Der Antragsteller suchte eine Mitgliedsgemeinde und stellte dort einen Antrag nach dem IZG. Die Gemeinde hatte den betreffenden Artikel selbst für eigene Zwecke noch nicht heruntergeladen. Wäre dem so gewesen und wäre der Artikel zu den Akten genommen worden, hätte der Anspruch dem Grunde nach bestanden. Als Ausschlussgrund hätte möglicherweise – je nach Schöpfungshöhe des Artikels – das Urheberrecht eingreifen können.

Informationen werden von einer informationspflichtigen Stelle „bereitgehalten“, wenn Dritte diese für die informationspflichtige Stelle vorhalten und ein rechtlicher Anspruch auf die Herausgabe besteht. Beispiele sind untere Behörden, die Informationen für die jeweilige Oberbehörde vorhalten, sowie Fälle des Outsourcing und der Aufgabenteilung. Nicht erfasst werden im Gegenzug Informationen bei Dritten, die keiner gesetzlichen Herausgabepflicht unterliegen.

 

12.6        Kein Anspruch auf digital signierte Dokumente

Ein Petent forderte, dass informationspflichtige Stellen bei elektronischer Auskunftserteilung gemäß dem IZG die übermittelten Dokumente zwecks Authentisierung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur unterzeichnen. Das ULD musste ihm mitteilen, dass hierfür kein gesetzlicher Anspruch besteht. Es ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass die Auskunftserteilung wie die Ablehnung eines Antrags formfrei erfolgt und auch elektronisch möglich ist, ohne aber diesbezüglich weitere Vorgaben zu machen. Das IZG kann nicht dahin gehend verstanden werden, dass alle informationspflichtigen Stellen, also fast alle öffentlichen Stellen des Landes und der Kommunen, zur Bereithaltung einer Infrastruktur für die Erstellung qualifizierter Signaturen verpflichtet sind. Als praktischen Lösungsweg bis zur technischen Einführung elektronischer Signaturen bei den informationspflichtigen Stellen schlug das ULD vor, sich schriftlich bescheiden zu lassen und damit ein beweissicheres Dokument zu erlangen und vorab oder parallel um eine digitale Mitteilung zu bitten.

 

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