4.5          Soziales

4.5.1       Das Ende von ELENA

Nach langen Diskussionen über eine mögliche verbotene Vorratsdatenspeicherung hat der Deutsche Bundestag im September 2011 entschieden, das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises – ELENA – zu beenden.

Begründet wurde das Aus für ELENA mit Problemen der qualifizierten elektronischen Signatur und des notwendigen Sicherheitsniveaus. Das ULD hatte bereits im Jahr 2007 sein Unverständnis zum Ausdruck gebracht, dass für ein datenschutzrechtlich äußerst bedenkliches Projekt jahrelang große Geldsummen aus dem Staatshaushalt ausgegeben wurden. Wir kritisierten immer wieder die unzulässige Vorratsdatenspeicherung sowie weitere Aspekte, etwa die Nichterteilung von Auskünften an die Betroffenen (z. B. 33. TB, Tz. 4.5.2). In einem Aufhebungsgesetz wurden die Anforderungen zur Abwicklung des ELENA-Verfahrens festgelegt, wozu auch die Löschung der bisher gespeicherten ELENA-Daten gehört. Diese Datenlöschung wurde vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und vom Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik überprüft und bestätigt.

 

4.5.2       ULD kein Ansprechpartner für AOK, MDK  und Jobcenter mehr – und nun?

Es war einmal … da war das ULD für die Datenschutzkontrolle beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und bei der AOK Schleswig-Holstein zuständig. Wir überwachten die vielen ARGEn bzw. Jobcenter in Schleswig-Holstein. Der MDK fusionierte mit Hamburg, die AOK mit Westfalen-Lippe, und für die Jobcenter reichte ein Satz im Gesetz. Nun müssen Schleswig-Holsteiner ihre Anliegen im fernen Bonn, Düsseldorf oder Hamburg vortragen (33. TB, Tz. 4.5.1, 4.5.4). In Sozialleistungsverfahren geht es für die Betroffenen oft um sehr viel, etwa deren Gesundheit oder finanzielle Existenz. Nicht immer entscheiden die Behörden positiv; nicht immer sind Entscheidungen fehlerfrei. Hat ein Antragsteller das Gefühl, in seinen Datenschutzrechten verletzt worden zu sein, wird oft die gesamte Entscheidung nicht akzeptiert. Eine datenschutzrechtliche Beratung oder Prüfung hilft sowohl den Behörden als auch den Antragstellern.

Die Datenschutzaufsicht um Hilfe zu bitten, kostet den Mitarbeitern der Behörden als auch den Antragstellern oft Überwindung. Wir haben gelernt, dass es nicht reicht, Hilfe nur anzubieten, sondern dass wir dafür sorgen müssen, dass diese auch angenommen wird. Dementsprechend hat sich das ULD in den letzten Jahren Vertrauen bei den Behörden und Betroffenen erarbeitet. Gerade in dem sensiblen Bereich der Sozialleistungen ist es für Ratsuchende unverständlich, wenn ihr ULD ihnen nicht mehr wirksam helfen darf. Was können die Kollegen im fernen Bonn oder Düsseldorf machen, wenn die Probleme in Heide, Mölln oder Plön zu klären sind? Fragen werden nicht mehr gestellt; Rat wird nicht mehr eingeholt; Konflikte bleiben ungelöst. Für uns bedeutet dies nicht weniger Arbeit. Ungezählte Briefe müssen weitergeleitet und Anrufe beantwortet werden.

Wie wird es weitergehen? Derzeit prüfen die Gerichte, ob nicht auch die IKK Nord in die Zuständigkeit des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit gehört. Bei der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung wechselte die Zuständigkeit zum Jahresbeginn 2013. Das ULD kann immer weniger Schleswig-Holsteinern in ihren Sozialangelegenheiten wirksam helfen. Wir könnten und wollten es gern tun, wenn wir dürften.

Was ist zu tun?

Es war und ist keine Kostenersparnis und keine Verwaltungseffizienz, wenn in Sozialangelegenheiten Bürgernähe abgebaut wird. Dies ließe sich vom Bundesgesetzgeber rückgängig machen.

 

4.5.3       Arbeitslosengeld  II – Kopien von Kontoauszügen und Personalausweisen

Wer Arbeitslosengeld II beantragt, muss seine Identität und seine wirtschaftliche Situation nachweisen. Zu Recht wird die Vorlage von Ausweispapieren, Mietverträgen, Einkommensnachweisen und Kontoauszügen verlangt. Doch darf die Behörde alle Unterlagen pauschal in Kopie zur Akte nehmen? Nein!

Vorgelegte Unterlagen dürfen nach dem Gesetz nur dann in Kopie zur Akte genommen werden, wenn die in diesen Unterlagen enthaltenen Daten für die weitere Aufgabenerfüllung der Behörde erforderlich sind. Was erforderlich ist, muss im konkreten Einzelfall von der Behörde entschieden werden. Doch was ist erforderlich?

Eine Kopie des Personalausweises ist nicht erforderlich! Das Personalausweisgesetz regelt restriktiv, wann überhaupt Kopien vom neuen Personalausweis gemacht werden dürfen. Die Sammelei der Jobcenter erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Hat die Behörde Zweifel an der Identität einer Person, so sollte sie nicht auf alte Kopien in der Akte zurückgreifen, sondern den Betroffenen auffordern, sich aktuell auszuweisen.

Kontoauszüge beinhalten eine Vielzahl von Informationen: Wann wurde wie viel Geld am Automaten abgehoben, bei welchem Discounter wurde mit Karte gezahlt und bei welchem Versandhandel wurde etwas bestellt. Die Daten müssen nicht über viele Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte in den Jobcentern gesammelt werden. Selbstverständlich dürfen Jobcenter Kontoauszüge einsehen, um festzustellen, ob der Antragsteller vollständige und richtige Angaben gemacht hat. Werden aber keine Auffälligkeiten festgestellt, dann sind die vorgelegten Kontoauszüge wieder auszuhändigen, ohne dass zuvor Kopien für die Akte gefertigt werden. Ein kurzer Vermerk in der Akte genügt in solchen Fällen.

https://www.datenschutzzentrum.de/material/themen/bekannt/kontoaus.htm

Was ist zu tun?

Die Jobcenter dürfen nur im Rahmen der Erforderlichkeit Kopien von vorgelegten Unterlagen zur Akte nehmen. Bei der Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen sind die Gemeinsamen Hinweise der Landesbeauftragten für Datenschutz der Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zu beachten.

 

4.5.4       TK -Ärztezentrum – ein störrischer Patient

Fast 100 Ärztinnen und Ärzte beraten rund um die Uhr Versicherte der Techniker Krankenkasse (TK). Hunderttausende haben diesen telefonischen Service bereits genutzt und Fragen über ihre Erkrankungen, Behandlungsmöglichkeiten und zu Medikamenten gestellt. Gespeichert wird, wer angerufen hat und warum. Eine riesige Datenbank ist entstanden. Bei dem TK-Ärztezentrum handelt es sich um einen externen Dienstleister, die ife Gesundheits-AG mit Sitz in Gut Nehmten. Die Vorschriften zur ärztlichen Schweigepflicht sind zu beachten. Im November 2008 besuchten wir die ife Gesundheits-AG und stellten akuten Handlungsbedarf fest (33. TB, Tz. 4.5.5). Wir forderten, dass zu Beginn eines Telefonates jeder Anrufer darüber informiert wird,

  • dass sich hinter dem TK-Ärztezentrum ein externer Dienstleister verbirgt,
  • welche Daten gespeichert und
  • welche Daten an die TK übermittelt werden sowie
  • dass grundsätzlich alle 100 Ärzte Zugriff auf die Aufzeichnungen haben.

Diese Forderungen wurden vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit auch an die TK als verantwortlichen Auftraggeber gerichtet. Für die ife Gesundheits-AG bzw. die TK ist dies anscheinend eine bittere Pille. Anders lässt sich nicht erklären, dass die Umsetzung unserer Forderungen stockend verläuft und uns Anrufer immer wieder berichten, dass sie die erforderlichen Informationen nicht erhalten hätten. Die ife Gesundheits-AG ist auf einem guten Weg, aber noch nicht geheilt. Sollte sich dieser störrische Patient künftig nicht an unseren Rat halten, wird ein weiterer Hausbesuch erfolgen!

Was ist zu tun?

Um den datenschutzrechtlichen Anforderungen – insbesondere im Hinblick auf die Vorschriften zur ärztlichen Schweigepflicht – gerecht zu werden, muss die TK bzw. die ife Gesundheits-AG gegenüber allen Ratsuchenden zu Beginn eines Telefonates die zu erwartende Datenverarbeitung darstellen.

 

4.5.5       Kindervernachlässigung in Segeberg – Wer kontrolliert das Jugendamt ?

Im September 2012 berichtete die Presse über einen besonders dramatischen Fall einer Kindeswohlgefährdung in Segeberg. Das öffentliche Interesse war groß. Ein externer Gutachter sollte klären, ob das Jugendamt Fehler gemacht hatte. Aber wer durfte das Gutachten erhalten, um über die Arbeit des Jugendamtes zu urteilen?

Der externe Gutachter prüfte die Falldokumentation, las die Gesprächsvermerke und bewertete gewissenhaft das Vorgehen der einzelnen Mitarbeiter des Jugendamtes. Wieso wurde nicht bemerkt, was die Eltern ihren Kindern antaten und warum? Was hätte verhindert und was getan werden können? Das Gutachten zeigte auch Versäumnisse des Jugendamtes auf. Viele Gremien, Fachleute und Politiker verlangten nach dem Gutachten und übersahen dabei, dass das Gutachten auch eine Vielzahl sensibelster Sozialdaten der Eltern und der betroffenen Kinder beinhaltete, also Daten, die dem strengen Schutz des Sozialgeheimnisses unterliegen und daher grundsätzlich zu schützen sind. In einer öffentlichen Stellungnahme legten wir detailliert dar, welche Gremien in welchem Umfang in derartige Gutachten Einblick nehmen dürfen.

https://www.datenschutzzentrum.de/sozialdatenschutz/20121119-kindeswohl-segeberg.pdf

Es verstößt nicht gegen das Sozialgeheimnis, wenn dem Jugendhilfeausschuss des Kreises das vollständige Gutachten zur Verfügung gestellt wird. Aufgabe dieses Ausschusses ist es, die Arbeit des Jugendamtes zu überwachen. Dazu bedurfte es der Kenntnis des vollständigen Gutachtens. Die sonstigen Mitglieder des Kreistages dürfen dagegen nur die Informationen des Gutachtens zur Kenntnis bekommen, die nicht dem Sozialgeheimnis unterliegen. Durch eine Schwärzung der entsprechenden Passagen des Gutachtens wird sichergestellt, dass der Kreistag seine Aufgaben wahrnehmen kann und trotzdem die betroffene Familie gleichzeitig geschützt bleibt. Nachdem kritisiert worden war, dass die Landrätin zu viel geschwärzt habe, war auch der Hauptausschuss des Kreistages gefordert, da diesem die Dienstaufsicht über die Tätigkeit der Landrätin obliegt. Das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein übt die Rechtsaufsicht über die Jugendhilfe des Kreises aus. Es bestehen keine Bedenken an einer Überlassung, soweit ein rechtsaufsichtliches Verfahren durchgeführt wird.

Im konkreten Fall war zunächst streitig, welche Passagen des Gutachtens dem Sozialgeheimnis unterliegen. Die Aufgabe dieser Klärung kam dem Kreis zu, wobei konkret die Kreisverwaltung mit dem Jugendhilfe- und dem Hauptausschuss kooperierten. Das ULD unterstützte diesen Prozess beratend. Dem Sozialausschuss des Landtages und dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung durfte das vollständige Gutachten nicht ungeprüft zur Verfügung gestellt werden. Diese sind weder für eine Fach- noch eine Rechtsaufsicht zuständig. Eine Übermittlungsbefugnis in Bezug auf Sozialgeheimnisse besteht nicht, sodass nur die Weitergabe eines geschwärzten Gutachtens zulässig war.

 

Was ist zu tun?

Auch wenn das öffentliche Interesse an einer lückenlosen Offenlegung derartiger Fälle verständlich ist, darf die Übermittlung von Falldaten nur im Rahmen der strengen gesetzlichen Vorschriften, insbesondere des Sozialdatenschutzrechts, erfolgen.

4.5.6       Leumundsanfrage bei Tagesmüttern und ärztliches Attest von Pflegeeltern

Tagesmütter und Pflegeeltern dürfen nur dann Kinder betreuen, wenn diese im Sinne des Gesetzes „geeignet“ sind. Wer eine Pflegeerlaubnis beantragt, wird daher zu Recht vom Jugendamt überprüft. Wie weit darf dabei die Datenerhebung gehen?

In einem Bewerbungsbogen sollen Antragsteller detaillierte Angaben zu ihrer Person, ihrem schulischen und beruflichen Werdegang, ihren finanziellen Verhältnissen und ihrer Wohnsituation machen. Erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse und ärztliche Atteste für alle im Haushalt lebenden Personen sind ebenso vorzulegen wie ein Lebenslauf, Nachweise über den Schulabschluss und die Berufsausbildung sowie Einkommensnachweise. Bevor die Erlaubnis erteilt wird, erfolgt außerdem ein Hausbesuch.

Eine angehende Tagesmutter und eine erfahrene Pflegefamilie ärgerten sich über eine Leumundsanfrage und über die Aufforderung, vom Hausarzt ein Attest vorzulegen, das bestätigt, dass man nicht psychisch erkrankt sei. Bei unseren Recherchen stellten wir fest, dass bei der Datenerhebung nicht unterschieden wurde, ob die Erteilung einer Pflegeerlaubnis für Tagesmütter oder eine Vermittlung von Kindern in eine Pflegefamilie erfolgen soll. Den Antragstellern wurden keine erläuternden Hinweise gegeben, und es erfolgte keine Unterscheidung zwischen Pflicht- und freiwilligen Angaben. Viele Fragen, z. B. nach dem Geburtsort, waren entbehrlich oder zu pauschal, etwa nach Vorstrafen, Erkrankungen oder Behinderungen. Die verwendeten Einwilligungserklärungen entsprachen nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Die Leumundsanfrage zeigt deutlich, dass Daten teilweise ohne Sinn und Verstand gesammelt wurden. Die Wohnortgemeinde wurde gefragt, ob Bedenken gegen die Erteilung der Pflegeerlaubnis bestehen würden. Manchmal antwortete der Bürgermeister persönlich, häufiger jedoch irgendein Mitarbeiter der Gemeinde, und schilderte, was aus dortiger Sicht über den Antragsteller berichtenswert war. Nicht eine der erteilten spannenden Antworten enthielt Informationen, die für das Bewilligungsverfahren relevant gewesen wären.

Auch die Aufforderung, doch bitte für jedes Familienmitglied vom Hausarzt bestätigen zu lassen, dass keine ansteckenden, psychischen oder Suchterkrankungen bestehen, ist weder hilfreich noch zulässig. Wenn überhaupt, ist der Amtsarzt mit einer aktuellen Einschätzung zu beauftragen. Wir forderten das Jugendamt auf, das Verfahren inklusive der Vordrucke zu überarbeiten und datenschutzgerecht zu gestalten. Die Leumundsanfrage wurde sofort nach unserem ersten Beratungsgespräch eingestellt.

 

Was ist zu tun?

Bei der Prüfung der Geeignetheit von Tagespflegepersonen und Pflegefamilien dürfen Daten nur zielgerichtet und soweit es für die Durchführung des Bewilligungsverfahrens erforderlich ist erhoben werden.

4.5.7       Wiener Übereinkommen: Daten vom Jugendamt  fürs Konsulat

Das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen ist keine Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten durch Jugendämter.

Das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen regelt, dass die konsularische Vertretung eines Landes benachrichtigt werden muss, sofern die Bestellung eines Vormundes, Pflegers oder Betreuers für einen minderjährigen Staatsangehörigen des jeweiligen Staates erwogen wird. Dabei handelt es sich fraglos um besonders sensible personenbezogene Daten, die von öffentlichen Stellen an Dritte gehen. Die zuständige Behörde hierfür ist jedoch nicht das Jugendamt, sondern das Familiengericht. Dieses betreibt die Verfahren zur Anordnung einer Vormund- bzw. Pflegschaft von Amts wegen, die Jugendämter regen derartige Verfahren lediglich an.

 

4.5.8       Willkommensbesuche des Jugendamtes  bei Familien mit Neugeborenen

Welche Daten dürfen Meldeämter zu welchen Zwecken an Jugendämter übermitteln? Wie ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Spannungsverhältnis zum Datenabgleich zum Wohle Neugeborener zu werten? Datenschutz ist hier oft zugleich Kinderschutz.

Nachdem Fälle öffentlich bekannt wurden, in denen Neugeborene, Säuglinge und Babys in ihren Familien durch Verschulden der Eltern zu Schaden gekommen waren, wollen Jugendämter den Eltern Neugeborener Hilfestellungen im Rahmen sogenannter Willkommensbesuche anbieten, die über die Pflichtuntersuchungen der Kinder beim Arzt nach dem Kinderschutzgesetz hinausgehen. Hierbei dürfen aber die Eltern nicht pauschal unter den Verdacht gestellt werden, nicht für das Wohl ihrer Kinder zu sorgen. Auch Neugeborene haben ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die Verarbeitung von deren Daten bedarf einer Rechtsgrundlage.

Für die Willkommensbesuche wären die Meldedaten der Neugeborenen nützlich. Das geltende Melderecht enthält aber keine Regelung zur Datenübermittlung an Jugendämter für diesen Zweck. Um einerseits die Interessen der Neugeborenen und andererseits die Vorgaben des Datenschutzrechts zu wahren, ist daher im Kreis Segeberg beabsichtigt, die Willkommensbesuche des Jugendamtes zu realisieren, ohne hierbei auf die Übermittlung von Meldedaten zurückgreifen zu müssen. Das Angebot des Jugendamts zu Willkommensbesuchen kann den Eltern über Anschreiben der Krankenhäuser gemacht werden, in denen die Kinder zur Welt kommen. Datenschutzkonform und praktikabel ist auch eine Zusammenarbeit des Kreises mit Frauenärzten, die ebenfalls den werdenden Müttern das Kreisangebot unterbreiten können, oder mit Kinderärzten, die die Pflichtuntersuchungen der Kinder nach dem Kinderschutzgesetz vornehmen.

 

  • Landesamt für soziale Dienste erhält von Meldebehörden Kinderdaten
  • Einladungen zu U4 bis U9
  • Rückmeldung durch Kinderarzt
  • Bei Fehlanzeige Erinnerung
  • Abgabe an Kreis: Gesundheitsamt schreibt Eltern an
  • Bei Fehlanzeige Abgabe an Jugendamt
  • Telefonische/briefliche, dann Vor-Ort-Kontaktaufnahme

 

4.5.9       Aufbewahrung von Betreuungsakten

Für den Umgang mit Betreuungsakten bei gerichtlich bestellten Betreuern bestehen aus Datenschutzsicht Regelungslücken. Diese sollen durch die folgenden Empfehlungen des ULD für Betreuer geschlossen werden.

Der Betreuer hat als verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzrechts die technisch-organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um den Schutz der personenbezogenen Daten zu gewährleisten. Dies gilt sowohl für die Führung und Aufbewahrung von Papierunterlagen wie für elektronische Akten. Der Betreuer muss deshalb dafür sorgen, dass der Zugang zu Unterlagen und zu deren Inhalten von ihm unter Kontrolle bleibt. Ist das Verfahren abgeschlossen, ist die Akte zu schließen, sicher aufzubewahren und nach Ende der Aufbewahrungspflichten datenschutzkonform zu vernichten. Aufzubewahren sind Betreuungsakten nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens so lange, wie dies fachlich erforderlich ist. Dies legt im Prinzip die verantwortliche Stelle, der Betreuer, selbst fest. Für Betreuungsgerichte gilt eine 10‑jährige Aufbewahrungspflicht. Hieran sollte sich der gerichtlich bestellte Betreuer orientieren. Sofern für Teile der Akte aus steuerrechtlichen Gründen andere Aufbewahrungsfristen gelten, sind nur die hierfür tatsächlich erforderlichen Teile der Akten aufzubewahren.

Nach Ende der Aufbewahrungspflicht sind die Akten zu vernichten. Dies kann von speziellen, zertifizierten Fachfirmen durchgeführt werden. Der Betreuer kann die Akten auch beim zuständigen Amtsgericht vernichten lassen. In jedem Fall muss die Vernichtung der Akten datenschutzgemäß erfolgen; ein bloßes Entsorgen in der Papiertonne ist nicht ausreichend.

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