4.7         Datenschutz an Schule n und Hochschulen

4.7.1      Appell an die Jugendlichen: „Entscheide DU“

Bildungsminister Ekkehard Klug und das ULD haben eine Broschüre vorge­stellt, die Sensibilität für den Datenschutz und generell Medienkompetenz bei Schülerinnen und Schülern vermitteln soll. Die Broschüre, die auch im Unterricht eingesetzt werden kann, wird uns sinnbildlich aus den Händen gerissen.

Das Internet und elektronische Medien sind zu einer unverzichtbaren modernen Kulturtechnik geworden. Schülerinnen und Schüler nutzen bereits im jungen Alter das Internet, tummeln sich im SchülerVZ und anderen sozialen Netzwerken; das Handy ist wichtiger als alles andere. Bei der Mediennutzung setzen sie sich, nur zu oft unbewusst, der Gefahr aus, sich selbst und andere in ihren Persönlich­keitsrechten zu verletzen und personenbezogene Daten ungewollt wildfremden Menschen zugänglich zu machen. Um auf diese Gefahren hinzuweisen, gibt das ULD die Broschüre „Entscheide DU – sonst tun es andere für Dich“ heraus und stellt diese in Klassensätzen zur Verfügung. Die Vermittlung zu Lehrkräften und Eltern erfolgt in Kooperation mit dem IQSH, dem Institut für Qualitätsentwick­lung an Schulen Schleswig-Holstein. Die Broschüre wird auch im Rahmen der Fortbildungsinitiative „Im Netz der neuen Medien“, an der IQSH und ULD teil­nehmen, eingesetzt.

Kindern und Jugendlichen sollen in der altersgerecht gestalteten Broschüre das Wissen und die Werkzeuge an die Hand gegeben werden, einen kritischen und selbstbestimmten Umgang mit Computern und Handys zu lernen. Sie haben ein ausgeprägtes Gespür für Privatsphäre. Ihnen muss aber vermittelt werden, welche Unterschiede sich diesbezüglich bei der Nutzung von digitalen Geräten gegenüber den realen direkten menschlichen Beziehungen ergeben. Es ist eine Aufgabe der Schulen und des ULD, schon den jungen Menschen zu vermitteln, dass der Respekt vor den Rechten der anderen und die Wahrung des Daten­schutzes in Zeiten von Handys und Internet möglich und nötig sind.

Die erste Auflage in Höhe von 10.000 Exemplaren war innerhalb von zwei Wochen vergriffen, sodass umgehend eine zweite Auflage gedruckt werden musste. Die Broschüre kann im Internet angesehen und heruntergeladen werden.

www.datenschutzzentrum.de/download/entscheide-du.pdf

Was ist zu tun?
Datenschutz ist nicht nur eine rechtliche und technische, sondern vor allem auch eine pädagogische Aufgabe, der sich Schulen wie Datenschützer stellen müssen. Weiter gehende Angebote müssen entwickelt und bereitgestellt werden.

 

4.7.2      Störlauf – ein Volkslauf und seine Folgen im Internet

Die personenbezogenen Daten Ihres Kindes sind noch nicht online? Kein Problem: Lassen Sie Ihr Kind einfach an einer Breitensportveranstaltung teilnehmen, organisiert von einem Verein und unterstützt von der Schule. Danach findet jeder Namen, Alter und Schule Ihres Kindes im Internet.

Besorgte Eltern einer Zweitklässlerin wandten sich Hilfe suchend an uns. Sie hatten nichtsahnend ihr Kind über die Grundschule zum Störlauf – einer bei Jung und Alt beliebten Laufveranstaltung – angemeldet. Die Schule hatte für diese sportliche Veranstaltung geworben. Die Teilnahme ist Ehrensache. Die Anmel­dung und das Einsammeln des Startgeldes erfolgte durch die Schule. Danach stellten die Eltern überrascht fest, dass der Name ihres Kindes mit Nennung der Schule und der Altersklasse im Internet zu finden war. Der Veranstalter des Störlaufes hatte alle angemeldeten Personen in einer Starterliste auf seiner Webseite veröffentlicht. So ließ sich die siebenjährige Tochter der Petenten per Suchmaschine finden.

Schon die Sachverhaltsaufklärung und die erste rechtliche Bewertung durch das ULD lösten eine Pressekampagne aus, die sich nicht nur gegen unser Haus, sondern auch gegen die Eltern richtete. Es sei doch großartig, wenn man im Rahmen dieses Lauf-Events im Internet genannt werde. Der Datenschützer solle sich nicht so anstellen; die Eltern sollten nicht so querulatorisch sein. Der Veran­stalter behauptete, die Internetveröffentlichung sei von den Sportordnungen des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV) vorgeschrieben. Dies entpuppte sich allerdings als Schutzbehauptung. Der DLV teilte mit, dass dem nicht so ist.

Erschreckend war anfangs die mangelnde Sensibilität der Schulleitungen hin­sichtlich der Gefahren, die mit der Veröffentlichung personenbezogener Daten – insbesondere von jungen Kindern – im Internet verbunden sind. Es bedurfte pädagogischen Geschicks bei der Vermittlung der möglichen Konsequenzen für die Kinder und der rechtlichen Situation, bis sich die meisten Verantwortlichen einsichtig zeigten.

Im Dialog mit dem Bildungsministerium suchten wir für die Zukunft eine einheit­liche datenschutzkonforme Lösung für die Teilnahme der Schulen und ihrer Schülerinnen und Schüler an solchen sportlichen Wettkämpfen. Bedingung ist, dass der Elternwille tatsächlich Berücksichtigung findet. Hierfür müssen die Eltern eindeutig auf die Konsequenzen einer Internetveröffentlichung der Daten ihrer Kinder hingewiesen werden. Das Bildungsministerium hat aus guten Grün­den eine Initiative zur Aufklärung der Schülerinnen und Schüler über die Gefah­ren der Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet gestartet. Die Schulen müssen einen sensiblen Umgang mit diesen Daten pflegen und mit gutem Beispiel vorangehen.

Was ist zu tun?
Wenn Schulen mit Sportvereinen kooperieren, um die Kinder an den Sport heranzuführen und damit die Gesundheitsförderung zu stärken, ist der Daten­schutz der Kinder zu achten. Eine Veröffentlichung im Internet setzt die infor­mierte Einwilligung der Eltern voraus. Daten von Grundschulkindern haben unseres Erachtens im Internet nichts verloren.

 

4.7.3      LanBSH – ein Erfolg

Das Konzept für eine einheitliche Informationstechnologie in Schulverwal­tungen geht auf. Die Schulträger und die Schulleiterinnen und Schulleiter sind offensichtlich von der zentralen IT-Lösung überzeugt.

Mittlerweile sind ca. 500 von ungefähr 950 Schulen am Landesnetz Bildung, kurz LanBSH angeschlossen (30. TB, Tz. 4.7.1). Fast alle weiteren Schulträger bzw. Schulen haben entsprechende Anschlussanträge gestellt. Die erfolgreiche Umset­zung des Konzepts ist auch dem Umstand zu verdanken, dass die Schulen sich an ein eigens dafür eingerichtetes Helpdesk beim Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein, also beim IQSH, wenden können, wenn es zu technischen Problemen kommt. Dieses Helpdesk führt das Training der Anwender in den Schulen durch. Wenn das LanBSH ein Erfolgsmodell bleiben soll, muss weiterhin eine effiziente Unterstützung für die Schulen angeboten werden. Ein Helpdesk, welches Störungsmeldungen im IT-System unverzüglich nachgeht und diese abstellt, ist für sichere IT-Strukturen unabdingbar und entspricht dem Stand der Technik.

Allerdings hat die rasante Weiterentwicklung des LanBSH auch einen Wermuts­tropfen. Aus verschiedenen Gründen wurde offensichtlich bisher auf ein Update- und Patch-Management für die LanBSH-Rechner verzichtet. Dies verstärkt Risiken für die Datensicherheit, weshalb dieses Manko unverzüglich beseitigt werden sollte.

Was ist zu tun?
Die personelle Ausstattung des Helpdesks zur Betreuung der LanBSH-Nutzer sollte gemäß den Anforderungen durch die steigenden Zahlen der nutzenden Stellen angepasst werden. Die Software der im LanBSH befindlichen Rechner ist im Interesse der Risikominimierung auf den technisch aktuellen Stand zu bringen.

 

4.7.4      Videoüberwachung  an Schule n

Immer mehr Schulträger und Schulen installieren im Außenbereich von Schulgebäuden Videoüberwachungsanlagen, um der zunehmenden Sachbe­schädigung entgegenzutreten.

Der Einsatz von Videotechnik an Schulen wird vom ULD wegen der damit verbundenen Freiheits- und Persönlichkeitseingriffe als besonders heikel be­trachtet. Im Interesse der Erhaltung eines pädago­gischen Freiraums sollte auf den Einsatz möglichst verzichtet werden. Doch ist nicht von der Hand zu weisen, dass Schulen zunehmend von starken Sach­beschädigungen und Einbruchdiebstählen betroffen sind. Diese Straftaten verursachen für die Schul­träger immense Kosten. Die Täter können oft nicht überführt werden. In Ermangelung von Ressourcen für eine sonstige ausreichende Objektsicherung wird zunehmend der Einsatz von Videotechnik als letztes Mittel angesehen.

Voraussetzung für eine datenschutzkonforme Videoüberwachungsmaßnahme ist die Alternativlosigkeit als Sicherungsinstrument. Um die Anforderungen zu kon­kretisieren, haben wir zusammen mit dem Bildungsministerium eine Leitlinie erarbeitet. Danach darf ein Einsatz zeitlich nur außerhalb des Schulbetriebes erfolgen. Ausnahmsweise wird die Videoüberwachung von Fahrradunterständen während des Schulbetriebes zugelassen, da in diesem Bereich eine besonders hohe Sachbeschädigungsquote zu beklagen ist und der Schutz des Eigentums von Schülerinnen und Schülern im Vordergrund steht. Einigkeit besteht darüber, dass Videoüberwachung innerhalb von Schulgebäuden ausgeschlossen ist.

Was ist zu tun?
Schulen und Schulträger sollten Videoüberwachungsmaßnahmen nur als letztes Mittel einsetzen. In diesem Fall ist die Leitlinie zu beachten.

 

4.7.5      Verantwortung der Schulleitungen ja – Schulungen nein?

Die Schulleiterinnen und Schulleiter sind nach der Datenschutzverordnung-Schule für die ordnungsgemäße personenbezogene Datenverarbeitung verantwortlich. Doch müssen sie sich hierzu auch weiterbilden können.

Vor zwei Jahren wiesen wir auf Wissensdefizite der Schulleitungen beim Daten­schutz hin (30. TB, Tz. 4.7.2). Das IQSH bietet seitdem in Kooperation mit dem ULD hierzu zwar wieder Fortbildungsveranstaltungen an, die Resonanz ist jedoch gering. Dies liegt weniger an der Gleichgültigkeit der Schulleiterinnen und Schulleiter. Uns wird immer wieder großes Interesse signalisiert, aber auch, dass neben dem sonstigen Aufwand solche Fortbildungen eine zu große zeitliche Belastung darstellen würden. Im Hinblick auf die auch im Schulbereich fort­schreitende Datenverarbeitung ist es wichtig, dass die hierfür nötigen Kompeten­zen angeeignet werden können, indem der nötige Freiraum geschaffen wird.

Was ist zu tun?
Die Inanspruchnahme von Fortbildungen zum Datenschutz sollte im Interesse der Handlungssicherheit der Schulleiterinnen und Schulleiter erleichtert werden.

 

4.7.6      Ärztliche Prüfungsunfähigkeitsbescheinigungen

Können Studierende krankheitsbedingt an einer Prüfung nicht teilnehmen, genügt den Hochschulen und Fachhochschulen zur Freistellung kein „gelber Schein“. Eine Prüfungsunfähigkeit wird nur anerkannt, wenn man auch nachweist, woran man erkrankt ist.

Was im normalen Berufsleben selbstverständlich ist, gilt nicht für Studierende. Erkrankt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer, weist sie/er die Arbeits­unfähigkeit durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, den „gelben Schein“, nach. Es besteht keine Pflicht, dem Arbeitgeber den Grund der Erkrankung mit­zuteilen. Anders bei den Studierenden: Die Prüfungskommissionen wollen auch die Symptome der Erkrankung erfahren, sonst wird die Krankmeldung nicht aner­kannt. Gemäß der Rechtsprechung kann nicht der Arzt, sondern nur die Prüfungs­kommission über die Prüfungsunfähigkeit entscheiden. Sie müsse deshalb auch wissen, woran der Studierende erkrankt ist. Wir sehen dies kritisch. Die Studie­renden werden gezwungen, ihren Arzt von der Verschwiegenheitspflicht zu ent­binden bzw. zu einer schriftlichen Bescheinigung der Krankheitssymptome zu veranlassen, damit medizinisch unerfahrene Mitglieder der Prüfungskommissio­nen über die Freistellung befinden können. Das Thema wurde erhitzt politisch diskutiert.

Nicht zuletzt durch den öffentlichen Druck konnten wir bei einer großen Hoch­schule erreichen, dass ein verwendeter Vordruck geändert wurde und weniger Daten zu den Krankheitssymptomen erhoben werden. Das Prinzip wird aber bei­behalten. Die Hochschule sicherte aber zu, dass die Prüfungsunfähigkeitsbeschei­nigungen besonders sorgfältig vor dem Zugriff Unbefugter geschützt aufbewahrt werden.

Was ist zu tun?
Studierende sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Prüfungsunfähigkeit auch ohne die Offenbarung ihrer Krankheitssymptome nachzuweisen.

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