11       Europa  und Internationales

11.1       Transparenzinitiative – es gibt auch kleine Subventionsempfänger

Mit einer „Europäischen Transparenzinitiative“ will die Europäische Kommission durch Veröffentlichung der Subventionsempfänger eine verbesserte Kontrolle der Verwendung von EU-Geldern erreichen. Dabei darf der Datenschutz nicht ausgeblendet werden.

Anlässlich eines Konsultationsverfahrens nahm die Arbeitsgemeinschaft der Informationsbeauftragten in Deutschland (AGID, jetzt IFK; Tz. 12.3) positiv zu der EU-Initiative Stellung, weil diese den Zielen der Informationsfreiheit entgegenkommt. Im Bundesrat stieß die Forderung nach mehr Transparenz dagegen auf Kritik wegen Aufwand und Kosten sowie der Befürchtung einer Verzerrung des Wettbewerbs. Auf Bitte des Europaausschusses des Landtags Schleswig-Holstein legte das ULD dar, dass es die Befürchtungen des Bundesrates nicht teilt und das Ziel einer besseren öffentlichen Kontrolle des Mittelabflusses von Steuergeldern unterstützt (Landtagsumdruck 16/1412).

Doch darf die Veröffentlichung von Betriebsdaten etwa von Kleinunternehmen nicht zu einem Verzicht auf die Inanspruchnahme von EU-Geldern führen. Gerade in Schleswig-Holstein erhalten viele Einpersonenbetriebe aus der Landwirtschaft und der Fischerei Hilfen aus Brüssel, auf die diese existenziell angewiesen sind. Hilfebedürftigkeit darf nicht zu Diskriminierungen führen. Die Offenbarung personenbezogener Daten muss mit deren Schutzbedürftigkeit abgewogen werden. Daher plädieren wir dafür, eine Bagatellgrenze einzuführen, unterhalb der die Offenlegung von Subventionen nur noch in aggregierter Form erfolgen soll.

Was ist zu tun?
Im Rahmen der Umsetzung der Europäischen Transparenzinitiative in nationales Recht ist bei Kleinsubventionsempfängern ein Ausgleich zwischen Offenlegung und Datenschutz zu suchen.

 

11.2       Wettbewerbserhebungen bedürfen keiner Kundendaten

Die Kommission der Europäischen Union möchte für ihre Zwecke viel wissen. Dabei muss sie sich streng an den Grundsatz der Erforderlichkeit halten. Personendaten sind bei Markterhebungen nicht nötig.

Über eine Erhebung bei Energieversorgungsunternehmen sollten präzise Kundenangaben zu den Lieferverträgen an die Kommission der Europäischen Union (EU) mitgeteilt werden – unter Androhung gewaltiger Strafen (28. TB, Tz. 11.4). So schnell die Unternehmen zu aufwendigen sensiblen Angaben gezwungen wurden, so langsam arbeiteten die Mühlen der EU-Bürokratie, nachdem das ULD festgestellt hatte, dass hier offensichtlich eine Verletzung europäischer Datenschutzgrundsätze erfolgt: Ziel der Erhebung war offensichtlich, Marktdaten zu erhalten, um zu beurteilen, inwieweit sich die Energieunternehmen an die Wettbewerbsvorschriften halten. Erst nach mehr als einem Jahr konnte der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) mitteilen, dass die Abfrage personenbezogener Daten von Elektrizitätskunden unabsichtlich erfolgt sei. Bei der Datenerhebung habe die EU-Kommission unterschiedliche Fragebögen verwendet. Der verwendete Begriff „Endkunde“ hätte nicht so verstanden werden sollen, dass damit Privatpersonen gemeint wären.

Der EDSB forderte nach längeren Verhandlungen mit der Kommission sicherzustellen, dass die erhobenen personenbezogenen Daten nicht weiterverarbeitet und dass sie gelöscht werden. Die zuständige Generaldirektion Wettbewerb hat sich bereit erklärt, dieser Forderung zu entsprechen. Die vom ULD initiierte Kritik war Anlass für den EDSB, mit der Kommission in einem größeren Zusammenhang die Frage zu diskutieren, in welchem Umfang und unter welchen Umständen Personendaten zur Bekämpfung von Wettbewerbsverletzungen erhoben werden dürfen. Die Generaldirektion hat dem EDSB mitgeteilt, dass sie künftig keine Erhebungen vornehmen werde, bei denen der Eindruck entstehen könne, es sollten Daten von Elektrizitätsendkunden erhoben werden.

Was ist zu tun?
Die Ermittlungen der für den Binnenmarkt zuständigen Generaldirektion müssen sich auf die Wettbewerbsunternehmen konzentrieren und dürfen keine Privatkunden erfassen.

 

11.3       Twinning-Projekt mit der Republik Malta

In Kooperation mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) wirkte das ULD daran mit, hohe Datenschutzstandards in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu etablieren.

Seit Ende der 1990-er Jahre führt die Europäische Kommission sogenannte Twinning-Projekte durch, um die seinerzeitigen 10 Beitrittsländer an die Rechtsstandards in den alten 15 Mitgliedstaaten heranzuführen. Die Grundidee war, dass eine Behörde aus einem Mitgliedstaat sich als sogenannter Twinning-Partner einer entsprechenden Behörde eines Beitrittslandes annimmt. Das Programm wurde nun auf die weiteren neuen EU-Mitgliedstaaten ausgedehnt. Die Projekte werden von der Europäischen Kommission in Brüssel finanziert. Der Know-how-Transfer findet vor allem durch Kurzzeiteinsätze von Experten aus den alten Mitgliedstaaten statt. Diese reisen in die Beitrittsländer und arbeiten dort für eine gewisse Zeit in der Partnerbehörde mit. Dabei geben sie ihre Fachkenntnisse an die Kollegen weiter. Geeignete Aktivitäten sind Berichte zu bestimmten Themen, Präsentationen vor dem einschlägigen Teilnehmerkreis oder die begleitende Teilnahme an der Verwaltungsarbeit.
Das ULD bewarb sich zusammen mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) erfolgreich auf eine Ausschreibung, bei der es um die Unterstützung der maltesischen Datenschutzbehörde und des Büros des maltesischen Premierministers – vergleichbar mit der Staatskanzlei in Schleswig – ging. Das Projekt wurde von Oktober 2005 bis Juni 2006 durchgeführt. In dieser Zeit reisten Experten des ULD, des BfDI und anderer deutscher Datenschutzbehörden nach Malta und gaben dort ihr Fachwissen an die beiden maltesischen Partnerbehörden weiter.

Datenschutz ist für die Republik Malta ein völlig neues Sachgebiet, das erst im Zuge des Beitritts zur Europäischen Union 2004 Bedeutung erlangte. Gleichwohl zeigte sich, dass sowohl der maltesische Datenschutzbeauftragte als auch das Büro des Premierministers bereits von Anfang an sehr erfolgreiche Anstrengungen unternommen hatte, den Datenschutz im Land zu etablieren. Die deutschen Experten konnten von ihren Einsätzen auch viele Anregungen für ihre Arbeit wieder mit nach Hause nehmen. Über Studienreisen machten sich die mit der Aufgabe betrauten maltesischen Kollegen mit der Umsetzung des Datenschutzes in unterschiedlichen Bereichen der Verwaltung und sonstigen öffentlichen Dienstleistungen in Deutschland bekannt. Ein überaus wichtiger Effekt neben dem im Sommer 2006 erfolgreich abgeschlossenen Projekt war nicht nur der Export deutscher Datenschutz- und Verwaltungsstandards, sondern es vertiefte auch die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Datenschutzbehörden.

 

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