27. Tätigkeitsbericht (2005)

4.3    | Justizverwaltung

4.3.1    | "Großer Lauschangriff " – Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwachung vom 3. März 2004 wurden verfassungsrechtliche Maßstäbe für zahlreiche heimliche Ermittlungsmaßnahmen im Strafprozess- und Polizeirecht gesetzt. Die bestehenden gesetzlichen Vorschriften schützen die Betroffenen nicht ausreichend vor Eingriffen in den Kernbereich privater Lebensgestaltung.

Im Wortlaut:

Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz

"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich nicht auf Aussagen zum in Art. 13 GG garantierten Grundrecht auf "Unverletzlichkeit der Wohnung". Vielmehr wurden bei der Überprüfung des "Großen Lauschangriffs" zentrale Maßstäbe des Grundgesetzes angelegt, an denen sämtliche heimlichen Ermittlungsmaßnahmen gemessen werden müssen, die sich aus der Menschenwürdegarantie, dem damit verbundenen allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ableiten.

Das Persönlichkeitsrecht verbietet dem Staat zwar nicht sämtliche heimlichen Beobachtungen, es ist jedoch stets ein unantastbarer Kernbereich privater Lebensgestaltung zu wahren. Dringt der Staat in diesen Kernbereich ein, so verletzt dies die jedem Menschen unantastbar gewährte Freiheit zur Entfaltung in den ihn betreffenden höchst persönlichen Angelegenheiten. Dieser Kernbereich ist nicht relativierbar. Das heißt: Auch überwiegende Interessen der Allgemeinheit können einen Eingriff nicht rechtfertigen. Der Kernbereich ist in der Regel berührt, wenn eine Person mit engsten persönlichen Vertrauten in einer geschützten Gesprächssituation – z. B. in einer Privatwohnung – kommuniziert.

Der Schutz des Kernbereichs bedingt ein gesetzliches Verbot, in diesen Bereich eindringende Gespräche zu erfassen oder aufzuzeichnen (Erhebungsverbot). Falls die Gespräche erfasst werden, dürfen die Inhalte im betreffenden Verfahren und auch in weiteren Zusammenhängen nicht verwendet werden. Auch dürfen die ermittelten Tatsachen nicht als Anknüpfungspunkte für weitere Ermittlungen dienen (erweitertes Verwertungsverbot).

Neben dem Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung spricht das Bundesverfassungsgericht konkrete Verhältnismäßigkeitsanforderungen und notwendige verfahrensrechtliche Absicherungen an. Das Gericht hat die Eingriffsschwelle für Lauschaktionen erhöht. Diese dürfen in Zukunft nur noch zur Verfolgung von Straftaten erfolgen, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren belegt werden.

    www.datenschutzzentrum.de/material/themen/lausch/bvg_lauschangriff.htm

Was ist zu tun?
Die Vorschriften der Strafprozessordnung und der Polizeigesetze müssen Erhebungs- und Verwertungsverbote zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung erhalten.

 

4.3.2    | Referentenentwürfe zum "Großen Lauschangriff "

Nach dem Urteil zum "Großen Lauschangriff" hat die Bundesjustizministerin zwei Referentenentwürfe vorgelegt. Statt sich auf eine Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu beschränken und auch andere Überwachungsmaßnahmen in die Neuregelung einzubeziehen, wollte die Bundesjustizministerin mit dem ersten Entwurf sogar das Abhören der Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern ermöglichen.

Nach scharfen Protesten u. a. von Berufsverbänden und Datenschützern und auch nach kritischen Stimmen aus der Politik – so etwa der Justizministerin des Landes Schleswig-Holstein – wurde dieser erste Entwurf zurückgenommen.

Der Schutz der Vertrauensverhältnisse ist Grundbedingung einer freiheitlichen und rechtsstaatlichen Gesellschaft. Jeder kann in eine schwierige Lebenslage kommen, in der er in einem vertraulichen Gespräch über intime Sachverhalte Expertenrat zu medizinischen, seelischen oder rechtlichen Fragen einholen muss. Es ist nicht zumutbar, solche Gespräche in dem Bewusstsein führen zu müssen, dass Dritte später anhand des aufgezeichneten Inhalts entscheiden, ob und zu welchen strafprozessualen Zwecken die Informationen verwertet werden können.

? Berufsgeheimnisträger

Nicht alle, die aufgrund ihres Berufs zum Schweigen verpflichtet sind (§ 203 StGB), dürfen im Prozess die Zeugenaussage verweigern. Dies dürfen z. B. im Strafprozess grundsätzlich nur diejenigen, die in § 53 StPO aufgezählt sind. Hierzu zählen Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Psychotherapeuten, Geistliche, Suchtberater, Schwangerschaftsberater und Journalisten. Zum Schutz vor Überwachungsmaßnahmen bestehen keine einheitlichen Regelungen. Im Rahmen der Telefonüberwachung sind z. B. nur Gespräche mit Strafverteidigern (nicht: Rechtsanwälten im Allgemeinen!) geschützt.

In einem zweiten vorgelegten Entwurf sind diese Abhörbefugnisse nun nicht mehr vorgesehen. Aber der Entwurf bezieht lediglich die akustische Wohnraumüberwachung ein und beschränkt sich auf das zur Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils absolut Notwendige.

Durch das Urteil ist der verfassungsrechtliche Spielraum für den "Großen Lauschangriff" gering geworden. Zudem sind die bisherigen Erfolge bei diesem Grundrechtseingriff mager. Die Praktikabilität der in den Referentenentwürfen vorgesehenen Regelungen ist zweifelhaft. Auf den "Großen Lauschangriff" – der unter allen heimlichen Ermittlungsmaßnahmen den empfindlichsten Rechtseingriff darstellt – sollte daher unseres Erachtens gänzlich verzichtet werden.

    www.datenschutzzentrum.de/material/themen/lausch/lsch_st4

Was ist zu tun?
Der Schutz der Kommunikation mit zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträgern darf nicht ohne Not – und schon gar nicht ohne plausible Begründung – eingeschränkt werden. Die Landesregierung kann im Bundesrat auf einen einheitlichen Schutz dieser Vertrauensverhältnisse bei allen Überwachungsmaßnahmen hinwirken.

 

4.3.3    | Die Überwachung  der Telekommunikation  nach dem Urteil

Auf Bundesebene wird derzeit eine Novelle der Überwachung der Telekommunikation diskutiert. Auch hier sind die Grundsätze des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum "Großen Lauschangriff" zu beachten. Die Ergebnisse der Evaluierung der bisherigen Telekommunikationsüberwachung zeigen gewaltige Defizite beim Grundrechtsschutz.

Intime Gespräche – z. B. zwischen Eheleuten – können nicht nur in der Ehewohnung abgehört werden, sondern auch während einer gemeinsamen Autofahrt oder in einem Telefongespräch. Sämtliche heimlichen Ermittlungsmethoden, egal ob in der Strafprozessordnung oder im Polizeirecht geregelt, können den absolut geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts verletzen.

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Schutzbedürftigkeit der Kommunikation sich aus dem Inhalt der Gespräche ergibt. Ort und Mittel der Kommunikation sind nicht die einzigen Aspekte bei der Feststellung der Eingriffsstufe. Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass alle Formen derKommunikation kernbereichsrelevant sein können und dementsprechend zu schützen sind.

Dies gilt in besonderem Maße für die Überwachung der Telekommunikation, zu der ebenfalls Erhebungs- und Verwertungsverbote zum Schutz des Kernbereichs der persönlich vertraulichen Kommunikation geschaffen werden müssen. Wegen der übergreifenden Zielsetzung ist es wünschenswert, wenn für alle Formen des heimlichen Abhörens einheitliche, "vor die Klammer" gezogene Erhebungs- und Verwertungsverbote geschaffen würden.

Die vom Bundesverfassungsgericht thematisierten verfahrensrechtlichen Absicherungen, wie die Pflicht zur Begründung der Überwachungsanordnung und die zur Benachrichtigung der betroffenen Personen, wurden – wie eine Evaluierung der Praxis der Telekommunikationsüberwachung aufgezeigt hat (26. TB, Tz. 4.2.5) – in der Vergangenheit nicht eingehalten. Von der Einhaltung der genannten verfahrensrechtlichen Vorkehrungen ist aber die Verfassungsmäßigkeit der Telekommunikationsüberwachung abhängig. Auch in Zukunft wird auf die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Anforderungen besonderes Augenmerk zu legen sein.

Was ist zu tun?
Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum "Großen Lauschangriff" müssen für sämtliche heimlichen Ermittlungsmaßnahmen umgesetzt werden. Vorzuziehen sind "vor die Klammer" gezogene einheitliche Erhebungs- und Verwertungsverbote.

 

4.3.4    | Das ULD bei der Staatsanwaltschaft  – Kontrollbefugnis

Nach Diskussionen zwischen ULD und Generalstaatsanwaltschaft besteht nunmehr Einvernehmen, dass das ULD in Ermittlungsakten Einsicht nehmen kann.

Das Landesdatenschutzgesetz verpflichtet alle öffentlichen Stellen, das ULD bei Datenschutzkontrollen zu unterstützen. Dabei muss dem ULD Einsicht in Unterlagen und Dateien gewährt werden, um eine effektive Datenschutzkontrolle zu ermöglichen. Ausnahmen bestehen nur für den Landesrechnungshof und die Gerichte, soweit diese in richterlicher Unabhängigkeit tätig werden, nicht aber für andere Justizbehörden und die gerichtliche Tätigkeit, die außerhalb der richterlichen Unabhängigkeit liegt. Dies gilt auch für den Bereich der Staatsanwaltschaften, da für diese im LDSG keine Ausnahme vorgesehen ist. Von unserer Bewertung nicht erfasst werden rein strafprozessuale Ermittlungsentscheidungen der Staatsanwaltschaft ohne Datenschutzbezug.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dies zunächst für ihren Bereich in Zweifel gestellt und in Einzelfällen die Herausgabe staatsanwaltschaftlicher Akten an das ULD verweigert. Seit dem Volkszählungsurteil  sollte geklärt sein, dass die staatliche Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine flankierende Beteiligung unabhängiger Stellen kontrolliert werden muss. Dabei geht es nicht nur um die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung. Vielmehr fordert das Bundesverfassungsgericht zusätzlich eine unabhängige Stelle, die die Datenschutzaufsicht auch aus eigener Initiative wahrnehmen kann. Durch eine solche Kontrollmöglichkeit wird der Grundrechtseingriff abgefedert und erhält eine zusätzliche verfassungsrechtliche Legitimation.

Was ist zu tun?
Die Kontroverse um die Einsicht in Ermittlungsakten zur Datenschutzkontrolle ist beigelegt. Einer guten praktischen Handhabung steht aus Sicht des ULD nichts mehr im Wege.

 

4.3.5    | Löschung  von Telefonüberwachung sprotokollen bei Parallelverfahren

Nach der Strafprozessordnung müssen die Aufzeichnungen und Niederschriften aus einer Telefonüberwachung unverzüglich vernichtet bzw. gelöscht werden, sobald sie für die Strafverfolgung nicht mehr benötigt werden.

Dies haben wir in einem Einzelfall anhand der Haupt- sowie der Sonderbände bei einem Vorgang geprüft. Die formalen Voraussetzungen der Telefonüberwachung waren dokumentiert. Der Nachweis über die Vernichtung bzw. Löschung der Unterlagen war in den Akten ebenfalls ordentlich dokumentiert. Wir fanden eine entsprechende Niederschrift, die den Anforderungen der Strafprozessordnung entsprach. Die Unterlagen waren allerdings erst knapp ein Jahr nach Verfahrensabschluss vernichtet worden. Dieses wurde damit begründet, dass nicht absehbar gewesen sei, ob diese in – im Einzelnen bezeichneten und an andere Stellen abgegebenen – Parallelverfahren noch benötigt würden. Diese Frage hätte anlässlich der Abgabe des Vorgangs durch Anfrage bei den beteiligten Stellen geklärt werden können. Die betroffene Staatsanwaltschaft  hat hierauf reagiert und in einer Hausverfügung entsprechende Anfragen vorgesehen.

Was ist zu tun?
Bevor Unterlagen für ein Parallelverfahren aufbewahrt werden, sollte bei Abgabe des Vorgangs an eine andere Stelle die Frage geklärt werden, ob diese hierfür weiter aufbewahrt werden müssen.

 

4.3.6    | Schöffenwahl

Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz obliegt es den Gemeinden, in jedem vierten Jahr eine Vorschlagsliste für die Schöffenwahl aufzustellen. Bei Bera tung und Veröffentlichung der Vorschlagsliste ist der Datenschutz zu beachten.

? Vorschlagsliste

Insbesondere in der Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit sind an der Rechtsprechung auch Laienrichter (Schöffen) beteiligt. Diese werden in einem besonderen Wahlverfahren aus einer Vorschlagsliste gewählt. Diese wird durch die Gemeinden erstellt, damit ein möglichst breiter Querschnitt der Bevölkerung an der Rechtsprechung beteiligt wird. Betroffen sein kann grundsätzlich jede Bürgerin und jeder Bürger.

Die Vorschlagsliste für die Wahl der Schöffen muss in einer Sitzung der Gemeindevertretung beraten werden. Diese Beratung darf nichtöffentlich erfolgen. Für eine Veröffentlichung der personenbezogenen Daten im Rahmen der Erörterung gibt es keine Rechtsgrundlage. In der Beratung kommen zum Teil sensible persönliche und sachliche Verhältnisse der auf der Vorschlagsliste aufgeführten Personen zur Sprache. Vor Aufnahme in die Liste werden Alter, Beruf und soziale Stellung ermittelt, da die Gemeinde alle Gruppen der Bevölkerung gleichmäßig berücksichtigen soll. Zudem erörtert der Gemeinderat Ablehnungs- bzw. Ausschlussgründe, die einer Aufnahme in die Liste entgegenstehen. Dabei geht es etwa um Vermögensverhältnisse oder gar um die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter oder gesundheitliche Bedenken. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gremium im Einzelfall eventuell kontrovers die charakterliche Eignung einer Person für das Amt des Schöffen in der Gemeindevertretung bespricht und für die Auswahl der vorzuschlagenden Kandidaten eine Bewertung der in Rede stehenden Personen im Verhältnis zueinander vornimmt. Erst die endgültig beschlossene Vorschlagsliste darf nach dem Gerichtsverfassungsgesetz veröffentlicht werden.

Was ist zu tun?
Die Beratung der Vorschlagsliste für die Schöffenwahl muss im nichtöffentlichen Teil der Sitzung der Gemeindevertretung erfolgen. Die dabei zur Vorbereitung notwendigen Unterlagen sind entsprechend zu kennzeichnen und ebenfalls als nichtöffentlich zu behandeln.

 

4.3.7    | Ermittlungsakten für die Täter-Opfer-Ausgleichsstelle

Ein Strafverfahren kann häufig durch einen Täter-Opfer-Ausgleich  abgeschlossen werden. Hierzu informiert die Staatsanwaltschaft  eine Ausgleichsstelle, die an die Beteiligten herantritt und zu vermitteln versucht. Welche Daten dürfen dabei von der Staatsanwaltschaft an die Ausgleichsstelle übermittelt werden?

Die Datenübermittlung  ist in der Strafprozessordnung ausdrücklich erlaubt. Hierfür muss noch nicht endgültig feststehen, ob die Sache für einen Täter-Opfer-Ausgleich geeignet ist. Es genügt, dass die Ausgleichsstelle dies näher feststellen soll, etwa im Hinblick darauf, ob bei den Beteiligten hierzu eine Bereitschaft besteht. Die Staatsanwaltschaft darf aber nur Daten übermitteln, wenn dies für die Durchführung des Ausgleichs erforderlich ist. Viele Ermittlungsdaten, z. B. die persönlichen Angaben zu Zeugen, dürfen nicht weitergegeben werden.

Daraus folgt, dass in der Regel keine vollständigen Ermittlungsakten weitergegeben werden dürfen. Eine Ausnahme hiervon ist möglich, wenn es einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde, die erforderlichen Angaben "auszusortieren". Dies ist aber die Ausnahme, wenn etwa eine Vielzahl von Personen beteiligt ist oder der Vorgang mehrere Aktenbände umfasst.

Was ist zu tun?
Die Staatsanwaltschaft darf an die Täter-Opfer-Ausgleichsstelle Aktenauszüge oder Sachverhaltsschilderungen weitergeben. Die Weitergabe vollständiger Akten ist nur möglich, wenn dies bei äußerst komplexen Aktenvorgängen erforderlich ist, um den Täter-Opfer-Ausgleich durchzuführen.

 

4.3.8    | Datenerhebung  durch Betreuungsbehörden

In Betreuungssachen haben die Gerichte den Sachverhalt aufzuklären. Hierzu können sie sich der Hilfe durch die Betreuungsbehörden bedienen. Es kann streitig sein, in welchem Umfang die Betreuungsbehörde dabei selbstständig vorgehen darf.

Bei der Datenerhebung handelt die Behörde eigenständig und unabhängig vom Gericht. Sie hat sich im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften zu bewegen; dies sind mangels spezialgesetzlicher Regeln die des Landesdatenschutzgesetzes. Danach darf die Betreuungsbehörde zunächst die betroffene Person selbst nach ihrer persönlichen Situation befragen. Dieser steht es frei, sich zu offenbaren. Hierüber ist sie vor dem Gespräch zu informieren, ebenso über den Zweck des Gesprächs. Soweit besonders geschützte Daten aus den Gesprächen festgehalten werden sollen, also etwa Angaben über die körperliche oder psychische Gesundheit, und keine besonderen Umstände dem entgegenstehen, ist eine schriftliche Einwilligung  erforderlich.

Nur dann, wenn der oder die Betroffene eingewilligt hat, können auch Dritte in die Sachverhaltsaufklärung durch die Betreuungsbehörde einbezogen werden. Willigt die betroffene Person nicht ein, so kann die Betreuungsbehörde die Daten in der Regel nicht selbst erheben; dann ist das Gericht gefragt.

Ist die betroffene Person nicht einwilligungsfähig, ist die Befragung der nächsten Angehörigen im Rahmen des mutmaßlichen Interesses des Betroffenen möglich. In Ausnahmefällen kommt auch eine Datenerhebung bei sonstigen Dritten in Betracht, etwa bei Gefahren für die Gesundheit der betroffenen Person oder wenn eine entsprechende Patientenverfügung vorliegt.

Damit stehen der Betreuungsbehörde im Ergebnis Befugnisse zur Datenerhebung zur Verfügung, die häufig ausreichend sein dürften. Sofern die Behörde an der Datenerhebung rechtlich gehindert ist, obliegt es dem Vormundschaftsgericht tätig zu werden. Mit dieser Aufgabenverteilung soll verhindert werden, dass die "Ermittlungen" der Betreuungsbehörde die Stellung der betroffenen Person im gerichtlichen Verfahren beeinträchtigen.

Was ist zu tun?
Die Betreuungsbehörden können Daten in der Regel nur bei den Betroffenen selbst erheben. Die Erhebung bei Dritten oder soweit es um Gesundheitsdaten geht, bedarf grundsätzlich der Einwilligung. Ist die Datenerhebung durch die Betreuungsbehörde so nicht möglich, muss sie durch das Gericht erfolgen.

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