21. Tätigkeitsbericht (1999)



3.

Datenschutz im Landtag

3.1

Endlich eine Datenschutzordnung für den Landtag

Der Landtag hat sich eine Datenschutzordnung gegeben, die sich sehen lassen kann: Danach bedarf es auch bei der Verarbeitung personenbezogener Daten für parlamentarische Zwecke der Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen. Bei der Bearbeitung von Petitionen, in Immunitätsangelegenheiten, bei der Beweiserhebung durch Untersuchungsausschüsse oder soweit besondere Amts- und Berufsgeheimnisse betroffen sind, sind die Daten besonders vertraulich zu behandeln. Die Datenweitergabe für die wissenschaftliche Forschung ist geregelt und auch die Übermittlung an Private, die ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht haben. Den Betroffenen wird nicht nur ein Auskunftsanspruch eingeräumt, sondern auch ein Recht auf Richtigstellung unwahrer personenbezogener Angaben in Landtagsdrucksachen. Zu Beginn jeder Wahlperiode wird ein Datenschutzgremium gebildet, dem alle Fraktionen angehören und das die Beachtung des Datenschutzes im Parlamentsbereich überwacht. Es nimmt Beschwerden und Beanstandungen betroffener Bürgerinnen und Bürger entgegen und geht diesen Vorgängen nach.

Leider verbleiben für die künftige Praxis noch Unsicherheiten. So ist, entgegen dem ursprünglichen Entwurf, ungeklärt, wie Betroffene ihre Datenschutzrechte gegenüber den Landtagsfraktionen wahrnehmen können. Sie sind lediglich verpflichtet, die Umsetzung der Datenschutzordnung "in eigener Verantwortung sicherzustellen". In den Regelungen über die technischen und organisatorischen Maßnahmen werden die Fraktionen gar nicht erwähnt. Selbstverständlich können aber die Fraktionen nicht von ihren Pflichten gegenüber den Betroffenen freigestellt werden. Es bleibt daher die Frage offen, ob insoweit das für private Stellen geltende Bundesdatenschutzgesetz anwendbar und die Aufsicht vom Innenministerium als Datenschutzaufsichtsbehörde wahrzunehmen ist.

3.2

Behindert Datenschutz die Information der Abgeordneten?

Bei parlamentarischen Anfragen zu politisch unangenehmen Sachverhalten wird nicht selten der Datenschutz zur Rechtfertigung einer Auskunftsverweigerung bemüht. So hat z. B. die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage nach den Namen von Gutachtern und den Kosten der im Auftrag des Landes erstellten Gutachten die Antwort mit dem Hinweis auf "den Datenschutz" verweigert. Wir haben dies zum Anlaß genommen, die Grenzen des parlamentarischen Fragerechts auszuloten.

Die Landesverfassung legt in ihrem Artikel 23 fest, daß die Beantwortung von Fragen nur in ganz engen Grenzen abgelehnt werden kann, z. B. wenn dem Bekanntwerden des Inhalts von Akten schutzwürdige Interessen einzelner, insbesondere des Datenschutzes, entgegenstehen. Dem verfassungsrechtlich abgesicherten Informationsrecht des Parlaments und dem Öffentlichkeitsgrundsatz der Landtagsberatungen steht also das Datenschutzinteresse natürlicher Personen gegenüber. Beides dient der Kontrolle der Verwaltung im Rahmen der Gewaltenteilung und zur Schaffung einer größtmöglichen Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger. Zwischen diesen gegenläufigen Interessen muß ein verfassungskonformer Ausgleich vorgenommen werden. Dem widerspricht eine pauschale Informationsverweigerung unter Verweis auf "den Datenschutz".

Schutzwürdig sind individuelle Geheimhaltungsinteressen dann, wenn sie gegenüber den Informationsinteressen des Parlaments überwiegen. Selbstverständlich ist die Regierung nicht gehindert, vor der Auskunftserteilung die Betroffenen zu informieren und deren Einwilligung einzuholen. Ein solches Vorgehen ist sogar zu begrüßen, da dadurch evtl. bestehende schutzwürdige Interessen bekannt werden können. Kann eine Einwilligung nicht erlangt werden oder wird diese gar definitiv verweigert, so darf selbst dies nicht automatisch zur Auskunftsverweigerung führen. Die Landesregierung bleibt weiterhin verpflichtet, die bestehenden Interessen abzuwägen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie die dem Parlament vorgelegten Informationen weiter behandelt werden. Je nach konkreter Fallkonstellation kommt eine nichtöffentliche Erörterung in Betracht, wenn die Belange der Betroffenen dies gebieten.

Im konkreten Fall war die namentliche Nennung der Gutachter und die Höhe der Gutachterkosten für die politische Bewertung und die öffentliche Haushaltskontrolle in der Tat von Bedeutung. Eine besondere persönlichkeitsrechtliche Sensibilität der zunächst vorenthaltenen Angaben war demgegenüber nicht zu erkennen.

3.3

Aufbau des Informations- und Kommunikationssystems

Die Ende 1997 gegründete Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern des IT-Referates der Landtagsverwaltung und unseres Technikreferates hat sich im abgelaufenen Jahr intensiv mit den technischen und organisatorischen Fragestellungen beschäftigt, die sich aus der Schaffung eines Informations- und Kommunikationssystems für den Gesamtbereich des Landtages ergeben. Dabei zeigte sich, daß die Sicherheitsbedürfnisse der einzelnen Benutzer (z. B. die Landtagsverwaltung im engeren Sinn, der wissenschaftliche Dienst, der stenographische Dienst, die Pressestelle einschließlich der Landespressekonferenz, die Beauftragten, die Fraktionen und die Abgeordneten) nur dann hinreichend befriedigt werden können, wenn zuvor eine sorgfältige Bestandsaufnahme ihrer derzeitigen und für die nächste Zeit geplanten informationstechnischen Aktivitäten und Kommunikationsbedürfnisse durchgeführt wird.

Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die verfassungsrechtliche Sonderstellung des "Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages" als Organ des Landtages und gleichzeitig als oberste Landesbehörde sowie auf die der Abgeordneten, der Fraktionen und der Presse zu richten. Dies wurde deutlich, als sich die Arbeitsgruppe mit der Frage befaßte, ob und in welchem Umfang technische Systeme des Innenministeriums und der Datenzentrale in Anspruch genommen werden können. Im Gegensatz zu den Bedingungen in den "klassischen" Ressorts und den ihnen nachgeordneten Behörden erwiesen sich die Sicherheitsanforderungen und Abschottungsnotwendigkeiten der vergleichsweise kleinen Organisationseinheit "Landtag" als ausgesprochen komplex und heterogen. Die Analysen der Dienstleistungsangebote des Innenministeriums und der Datenzentrale sind noch nicht abgeschlossen, haben aber bereits jetzt gezeigt, daß nur eine umfassende Transparenz ihrer Funktionalitäten und genau spezifizierte Vereinbarungen den Sicherheitsstandard gewährleisten, der in diesem hochsensiblen Bereich als erforderlich und angemessen anzusehen ist.



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