18. Tätigkeitsbericht (1996)



10.

Rückblick

10.1

Innenminister sagt ggf. eigene Rechtstatsachensammelstelle für Schleswig-Holstein zu

Eine von den Innenministern beschlossene Rechtstatsachensammelstelle zur Überprüfung des polizeilichen Instrumentariums zur Straftatenbekämpfung ist inzwischen beim BKA eingerichtet worden (vgl. 17. TB, Tz. 4.1.2.1). Es bestehen erhebliche Zweifel, ob diese Stelle die Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen bei der Strafverfolgung objektiv bewerten möchte. Nach wie vor ist in erster Linie an die Sammlung spektakulärer Einzelfälle gedacht, in denen Rechtsvorschriften "hinderlich" waren.

Der schleswig-holsteinische Innenminister hat die Durchführung einer eigenen Rechtstatsachensammlung und -auswertung für das Land Schleswig-Holstein im Rahmen der Erörterung unseres letzten Tätigkeitsberichtes im Innen- und Rechtsausschuß in Aussicht gestellt. Daß er dabei auf eine wissenschaftliche Begleitung der eigenen Rechtstatsachensammlung besonderen Wert legen möchte, begrüßen wir. Wir werden uns an der weiteren Planung des Vorhabens, insbesondere hinsichtlich des Themenzuschnitts und der Bewertungskriterien, beteiligen; denn bevor stets neue Eingriffsbefugnisse beschlossen werden, muß erst geprüft werden, was die bisherigen Erweiterungen des Ermittlungsinstrumentariums gebracht haben.

10.2

Asylcard: Pläne noch nicht ad acta gelegt

1994 haben wir gegenüber dem Innenminister technische und verfassungsrechtliche Vorbehalte gegen die Konzeption einer "Asylcard" erhoben (vgl. 17. TB, Tz. 4.1.3.4) und ihn gebeten, unsere Bedenken in der weiteren Diskussion zu berücksichtigen. Diesem Wunsch hat der Innenminister entsprochen und dem federführenden Bundesinnenminister mitgeteilt, daß er die Durchführung einer "Machbarkeitsstudie" für eine Asylcard aus praktischen und verfassungsrechtlichen Gründen ablehne.

Der Bund und acht Länder haben sich allerdings für weitere Untersuchungen eingesetzt. Die Entscheidung über das weitere Vorhaben ist noch nicht gefallen.

10.3

Denkmalschutzgesetz verabschiedet

Nachdem mit dem Wissenschaftsministerium Einvernehmen über eine datenschutzgerechte Neugestaltung des Denkmalschutzgesetzes erzielt werden konnte, erwarteten wir Ende 1993 eine baldige Verabschiedung des neuen Gesetzes. Wir hatten auf die Notwendigkeit einer Anpassung an das Datenschutzrecht schon früher aufmerksam gemacht (vgl. 9. TB, Tz. 4.6.3). Unser Hinweis schloß 1994 (vgl. 16. TB, Tz. 8.) mit der Forderung, die Vorarbeiten konsequent und zügig abzuschließen und das Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Das ist inzwischen geschehen. Das Gesetz wurde am 21.02.1996 verabschiedet.

10.4

Vorerst keine elektronische Autobahnmaut für Pkw

Im 16. Tätigkeitsbericht (Tz. 4.5.1) hatten wir unsere Bedenken bezüglich der automatisierten Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren zusammengefaßt: Es würden personenbezogene Daten über den Aufenthaltsort von Millionen Verkehrsteilnehmern erhoben und verarbeitet, aus denen sich exakte Bewegungsprofile erstellen ließen. Deshalb hatten wir gefordert, nur solche Zahlungssysteme einzusetzen, die keine Daten über ordnungsgemäß zahlende Verkehrsteilnehmer erheben und die Abrechnungsdaten dezentral und transparent für den Zahlenden speichern würden.

Nach einer Verlautbarung des Bundesverkehrsministers ergab sich nun aus Feldversuchen, daß Pkw zwar erfaßt, aber nur mit einem enormen und datenschutzrechtlich bedenklichen Aufwand kontrolliert werden können. Aus diesem Grund verzichte die Bundesregierung auf eine Autobahngebühr für Personenwagen. Allerdings würden im Jahre 2000 streckenbezogene Kosten für Lastkraftwagen sollen eingeführt werden, bei denen die Regierung geringere Kontrollprobleme sieht. Unklar ist jedoch, ob diese Lkw-Maut als Rechtfertigung für die Installation einer bundesweiten Registrierungsinfrastruktur dienen soll, die dann "auf Knopfdruck" auch für andere Zwecke genutzt werden kann. Schließlich sind die Kfz-Kennzeichen auch deshalb neu gestaltet worden, um ihre Maschinenlesbarkeit (optische Erkennung) zu verbessern.

10.5

Datenverarbeitung bei der Suchtberatung neu organisiert

Im vorangegangenen Tätigkeitsbericht hatten wir die Prüfung einer Suchtberatungsstelle geschildert (s. 17. TB, Tz. 4.8.3). Dort war eine unzureichende Abschottung der Vorgänge des Suchtberaters gegenüber anderen Akten festgestellt worden. Der Träger dieser Beratungsstelle hat zwischenzeitlich mitgeteilt, die Akten des Sozialpsychiatrischen Dienstes seien insgesamt neu geordnet worden. Akten, die ausschließlich auf der Basis freiwilliger Beratungen entstanden seien - also die Mehrzahl der Suchtberatungsfälle - würden künftig getrennt von anderen Vorgängen aufbewahrt. Ferner seien aus der Kartei "Psychisch Kranke und Süchtige", diejenigen Karteikarten, die freiwillige Beratungen und Betreuungen betreffen, entfernt worden. Ergänzend ist eine "Dienstanweisung über Datenerhebung, Datenspeicherung, Datensicherheit, Datenübermittlung und Datenlöschung" erlassen worden, die im wesentlichen unsere Zustimmung gefunden hat.

10.6

Bundesgrenzschutz als verlängerter Arm der Geheimdienste

In unserem 16. Tätigkeitsbericht (Tz. 4.1.2.1) haben wir herausgestellt, daß eine 1992 in Kraft getretene Dienstanweisung für den Bundesgrenzschutz mit den Verfassungsschutzgesetzen nicht in Einklang stand, weil sie den Grenzschutzbeamten Befugnisse suggeriert, die sie rechtlich gar nicht haben. So war aufgrund dieser Regelungen nicht auszuschließen, daß der Bundesgrenzschutz über das für die Grenzkontrolle notwendige Maß hinaus Bürger beobachtete und diese Informationen an die Geheimdienste weiterleitete.

Diesen Bedenken hat sich nunmehr die Parlamentarische Kontrollkommission des Deutschen Bundestages angeschlossen. Auf ihren Wunsch hin ist zwischenzeitlich eine Neufassung dieser Dienstanweisung erarbeitet worden, die mögliche Fehlauslegungen, wie sie bei der alten Fassung zu befürchten waren, ausschließt. Durch den ausdrücklichen Hinweis, daß "Ersuchen keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Informationen" sind, wird klargestellt, daß diese interne Verwaltungsvorschrift keine eigenständige Befugnisgrundlage für eine Datenerhebung sein kann.


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