17. Tätigkeitsbericht (1995)



4.9

Kultusbereich

4.9.1

Aus dem Schulalltag

4.9.1.1

Der Umgang mit Entschuldigungsschreiben

Entschuldigungen von Schülerinnen und Schülern wegen des Fernbleibens vom Unterricht dürfen nicht zusammen mit dem Klassenbuch verwahrt werden. Es ist sicherzustellen, daß eine Einsichtnahme in Entschuldigungen durch Mitschüler und andere Unbefugte nicht möglich ist. Dies schließt es aus, Schüler mit der Entgegennahme von Entschuldigungen zu beauftragen.

In einer Berufsschule wurden für jede Klasse Stehordner als Klassenbücher verwendet. Hinter den Klassenbuchvordrucken wurden gesondert die Entschuldigungen, mit denen Eltern bzw. volljährige Schüler Unterrichtsversäumnisse rechtfertigten, abgeheftet. Aus den Entschuldigungen wegen krankheitsbedingten Fehlens waren häufig auch die Krankheitsursachen ersichtlich.

Der Schulleiter machte geltend, daß der Ordner nur den in der Klasse tätigen Lehrkräften zugänglich sei. Eine Einsichtnahme durch Schülerinnen oder Schüler schloß er zunächst kategorisch aus. Unmittelbar nach dieser Äußerung stellte sich das Gegenteil heraus. Im Aufzug trafen wir noch während unserer Prüfung einen Schüler mit einem Klassenbuch-ordner in der Hand an, der interessiert in den Entschuldigungen blätterte.

Wir haben die Abheftung von Entschuldigungen und Klassenbuch beanstandet und die Schulleitung aufgefordert sicherzustellen, daß Entschuldigungsschreiben für Unbefugte unzugänglich im Bereich der Schulverwaltung aufbewahrt werden.

In einem anderen Fall wurde uns bekannt, daß in einer Schulklasse die Entschuldigungen von einer Mitschülerin entgegengenommen und die Tatsache des entschuldigten Fehlens in das Klassenbuch eingetragen wurde. Nach der Stellungnahme der Schule diente diese Maßnahme der Förderung der Schülerpersönlichkeit und zur Erziehung der Schülerinnen und Schüler zur Verantwortung und Selbständigkeit.

Auf unseren Hinweis wurde diese Praxis eingestellt.

4.9.1.2

Wenn Schüler "Mist bauen"

Das Schulgesetz läßt die Übermittlung von Schülerdaten an private Stellen und Einzelpersonen nur mit Einwilligung der Betroffenen zu. Das gilt auch, wenn Schüler im Verdacht stehen, Dritten einen Schaden zugefügt zu haben.

Zwei Schüler rangelten auf dem Schulhof und beschädigten dabei ein dort parkendes Kraftfahrzeug. Der Anwalt des Geschädigten forderte die Schule auf, Geburtsdaten und Anschriften der ihm namentlich bekannten Schädiger mitzuteilen, weil er sie zur Rechtsverfolgung benötigte. Das Schulgesetz läßt eine Datenübermittlung an Private nur mit Einwilligung der betroffenen Schüler oder ggf. ihrer Eltern zu. Diese Festlegung ist abschließend, da das Schulgesetz als bereichsspezifische Vorschrift Vorrang vor dem allgemeinen Datenschutzrecht hat. Ohne Einwilligung der Betroffenen darf die Schule dem Anwalt die geforderten Angaben nicht machen.

Ein "ähnlicher Fall" hatte jedoch andere Konsequenzen. Ein Schüler hatte einen anderen verletzt. Die Eltern des Verletzten begehrten Auskunft über die Identität des vermutlichen Schädigers. Auch hier wäre eine Auskunft an die Eltern nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig gewesen. Jedoch bestand in diesem Fall daneben ein Anspruch des geschädigten Schülers bzw. seiner Eltern auf Einsicht in das Unfallprotokoll. Auf diese Weise konnte die Identität des Beteiligten ermittelt werden. Die Einsichtnahme wäre nur dann zu versagen gewesen, wenn der Schutz Dritter dies geboten hätte. Die daher in jedem Einzelfall notwendige Abwägung zwischen Informationsinteresse des geschädigten Schülers und Schutzinteresse eines Schädigers dürfte dabei im Regelfall jedoch nicht zum Nachteil des Geschädigten ausgehen.

4.9.1.3

Verhaltensauffälligkeiten von Schülern

Wenn Verhaltensdaten von Schülern per Formblatt erhoben und in der Schule zentral gespeichert werden, entstehen Datensammlungen, die besonders gesichert werden müssen.

Eine Berufliche Schule erfaßte Verhaltensauffälligkeiten von zumeist volljährigen Berufsschülern wie

  • Zuspätkommen zum Unterricht,

  • Verlassen des Klassenraumes während des Unterrichtes,

  • Fehlen in den Folgestunden nach Klausuren,

  • Verdacht auf gezieltes Fehlen an Montagen und an Freitagen, vor und nach Klausurtagen,

monatsweise auf einem einheitlichen Vordruck. In ihrer Stellungnahme teilte die Schule mit, daß mit der systematischen Erfassung von verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern mit Hilfe des Vordruckes eine Grundlage für Beratungsgespräche geschaffen werden solle, damit die Bildungs- und Erziehungsziele des Schulgesetzes erfüllt werden könnten. Der Erhebungsbogen diene dazu, konkrete Auffälligkeiten in einem Beratungsgespräch auch thematisieren zu können.

Unsere Nachprüfung ergab, daß die Erfassung von Verhaltensauffälligkeiten in dieser Form zwar ungewöhnlich ist, jedoch nicht gegen die Vorschriften des Schulgesetzes verstößt, da es ausdrücklich die Erhebung und Verarbeitung von Verhaltensdaten erlaubt.

Allerdings ist die Schule unserer Empfehlung gefolgt, die Unterlagen nur bis zum Ende des Schuljahres aufzubewahren und nicht, wie zunächst beabsichtigt, bis zum Fachabitur. Wir haben die Schule außerdem aufgefordert, die Sammlung, angesichts der Sensibilität der gespeicherten Daten, gesondert aufzubewahren und gegen unbefugten Zugriff zu schützen.

4.9.2

Videoaufzeichnungen für Unterrichtszwecke

Im Rahmen sonderpädagogischer Kurse mit Behinderten werden durch die Staatliche Schule für Sehgeschädigte Video- und Tonaufzeichnungen von Schülerinnen und Schülern gefertigt. Dies ist nur zulässig, wenn die Betroffenen eingewilligt haben.

Die Staatliche Schule für Sehgeschädigte fertigt bei Bedarf von Teilnehmern an Trainings- und Förderkursen der Schule Videoaufzeichnungen, um diese nach Abschluß der jeweiligen Trainingseinheit zur Reflexion der Kursarbeit im Rahmen der pädagogischen Beratung zu verwenden. Auch im Bereich der Lehrerfortbildung und zur Information über die sonderpädagogische Arbeit der Schule werden diese Aufnahmen eingesetzt.

Der Datenschutzbeauftragte der Schule bat uns um Beratung, ob es erforderlich sei, für jeden neuen Kurs, in dem Videoaufnahmen vorgenommen werden, eine Einverständniserklärung durch Erziehungsberechtigte oder volljährige Betroffene einzuholen oder ob eine Einverständniserklärung für den gesamten Betreuungszeitraum unter Umständen vom Vorschulalter bis in die Volljährigkeit hineinausreiche.

Wir haben nach intensiven Gesprächen mit dem Datenschutzbeauftragten der Schule und der Schulleitung zu einer jeweils besonderen Einverständniserklärung geraten. Diese Empfehlung wurde mittlerweile von der Schule umgesetzt. Ferner wird von der staatlichen Schule für Sehgeschädigte sichergestellt, daß die Videobänder in einem gesonderten Schrank aufbewahrt werden und die Notwendigkeit der Speicherung in regelmäßigen Abständen überprüft wird. Sind die Aufnahmen nicht mehr zur Aufgabenerfüllung erforderlich, werden sie gelöscht.

In diesem Zusammenhang wurde wiederum deutlich, daß die Bestellung eines behördlichen Datenschutzbeauftragten unsere Zusammenarbeit mit den öffentlichen Stellen erleichtert, da er mit seinem Wissen über die Verwaltungsabläufe in der öffentlichen Stelle Schwachpunkte im Datenschutz finden und selbst oder mit unserer Unterstützung beseitigen kann.

4.9.3

Der gestohlene PC

Zu den Datensicherungsmaßnahmen gehört es auch, zu verhindern, daß ein PC aus den Räumlichkeiten der Verwaltung entwendet wird. Lasche Datensicherungsmaßnahmen erhöhen das Risiko von PC-Diebstählen und führen zum Verlust gespeicherter Daten.

Eine Studentenvertretung unterrichtete uns darüber, daß aus dem Verwaltungsbereich einer Hochschule ein PC entwendet worden war, auf dessen Festplatte Namen und Anschriften von Studenten, wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern sowie Professoren und Lehrern gespeichert waren. Auf unsere Nachfrage teilte uns die Hochschule mit, daß der PC aus der Aktenregistratur der zentralen Hochschulverwaltung abhanden gekommen sei, ohne daß Anhaltspunkte für eine Gewaltanwendung festgestellt werden konnten. Üblicherweise sei dieser Raum stets verschlossen. Seitens der Hochschule konnte keine Erklärung für den Verlust des PC gefunden werden.

Wir mußten deshalb davon ausgehen, daß die Hochschule keine ausreichenden Zugangsschutzmaßnahmen getroffen hatte. Diesen Verstoß haben wir beanstandet und zugleich der Hochschule Empfehlungen und Hinweise gegeben, wie sie zukünftig mit einfachen Sicherungsmaßnahmen die Gefahr eines PC-Diebstahls minimieren und durch Verschlüsselung der gespeicherten Informationen der Verletzung schutzwürdiger Belange vorbeugen kann. Inzwischen erarbeitet die Verwaltung der Hochschule neue Regelungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit.


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