Dienstag, 16. Januar 2007

5: Stellungnahmen

Gesetzentwurf zur Anpassung der gefahrenabwehrrechtlichen und verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen

Schreiben des ULD vom 16.01.2007 an die Fraktionen des Schleswig-Holsteinischen Landtags zum

Gesetzentwurf zur Anpassung der gefahrenabwehrrechtlichen und verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen, LT-Drs. 16/670

Anpassungsvorschlag des Innenministeriums vom 4. Dezember 2006

Redaktionelle Anmerkung:

Die Stellungnahme bezieht sich auf einen Änderungsvorschlag des Innenministeriums vom 04.12.2006 an die Fraktionen des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Der vom Innen- und Rechtsausschuss im Anschluss verabschiedete Entwurf weicht hiervon in einigen Punkten ab. Dies betrifft u.a. die Benachrichtigungspflicht bei verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, bei der die in dieser Stellungnahme angesprochene bedenkliche „Alternativformulierung“ verwendet wurde sowie etwa Änderungen zur Höchstdauer der Videoüberwachung.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 an die Fraktionen des Schleswig-Holsteinischen Landtags hat das Innenministerium für das laufende Gesetzgebungsverfahren zum polizeirechtlichen Teil des Landesverwaltungsgesetzes Änderungen des oben genannten Gesetzesentwurfs angeregt.

Der Innenminister hat betont, dass die Verfassungskonformität des geplanten Gesetzes für Ihn von größter Bedeutung ist und er verbleibende Zweifel daran ausräumen möchte. Wir begrüßen es nachdrücklich, dass mit den vorgeschlagenen Änderungen dieses Ziel angestrebt werden soll. Notwendig ist dies, nachdem im Anhörungsverfahren vielfach verfassungsrechtliche Bedenken geäußert wurden und der Wissenschaftliche Dienst des Landtages diese Bedenken in seinem Gutachten vom 20. November 2006 in großen Teilen bestätigt.

Allgemein ist zu begrüßen, dass der neue Entwurf an verschiedenen Stellen zur Begrifflichkeit der Leibesgefahr zurückkehrt und den Begriff der Gefahr für die Gesundheit nicht mehr verwendet. Auch in weiteren Bereichen werden im Vergleich zum ersten Entwurf Eingriffsschwellen angehoben, um verfassungsrechtlichen Zweifeln zu begegnen; zudem wurden die Vorschriften zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung in Fällen der akustischen Wohnraumüberwachung verbessert. Die nunmehr vom Innenministerium vorgelegten Anregungen räumen nach unserer Einschätzung die verfassungsrechtlichen Bedenken allerdings nicht vollständig aus, so etwa bei der geplanten Regelung zu Vorgangsbearbeitungssystemen in § 189 Abs. 1 Satz 1 LVwG-E.

Wir möchten eine ausführlichere Stellungnahme zu einem neuen Entwurf nicht vorwegnehmen. Wir erlauben uns hiermit einige Anmerkungen zu einer Auswahl von Formulierungsvorschlägen des Innenministeriums. Insbesondere soweit in dem Anregungspapier des Innenministeriums gegenüber der Drucksache 16/670 keine Änderungen vermerkt sind, verweisen wir auf unsere bisherige Stellungnahme vom 13. April 2006 (Umdruck 16/745).

1.  Präventive Datenerhebung (§ 179)

Der Wissenschaftliche Dienst hat – unter zutreffendem Hinweis auf die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Rasterfahndung (Urt. vom 4. April 2006) – die Vorschrift insgesamt als verfassungsrechtlich bedenklich weit angesehen. Dem stimmen wir zu. Angesichts der grundlegenden Anforderungen zur Datenerhebung im Gefahrenvorfeld, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung dargelegt hat, sollte über eine engere Fassung dieser Norm gewählt werden. Zwar sehen die neuen Anregungen des Innenministeriums für einen neuen Entwurf davon ab, das nicht hinreichend bestimmte Tatbestandsmerkmal „in anderer Form organisiert“ zu verwenden. Die dafür alternativ vorgeschlagene Formulierung „mittels Täterschaft und Teilnahme organisiert“ ist jedoch ebenfalls am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen und aufgrund ihrer Weite verfassungsrechtlich bedenklich. Täterschaft und Teilnahme bezeichnen alle Fälle der Anstiftung, Beihilfe und (Mit-)Täterschaft. Diese kommen auch bei Kriminalität unterster Stufe vor (Beleidigungen, Ladendiebstähle, Beförderungserschleichung), die jedoch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rasterfahndung nicht ausreichen, eine vorbeugende (!) Datenspeicherung zu rechtfertigen.

2.  Anhalten und Befragen von Personen (§§ 180 LVwG)

Der Wissenschaftliche Dienst äußerte verfassungsrechtliche Bedenken bzgl. der in § 180 Abs. 2 LVwG den befragten Bürgerinnen und Bürger auferlegten Pflicht, gegenüber der Polizei zur Sache aussagen zu müssen. Die Eingriffsschwelle ist nicht auf besondere Gefahren oder auf den Schutz besonderer Rechtsgüter oder bestimmte Personen (etwa polizeirechtlich Verantwortliche) beschränkt; die Pflicht besteht vielmehr im Rahmen jeglicher Aufgabenwahrnehmung der Polizei- und Ordnungsbehörden. Im Änderungsentwurf wurde daraufhin lediglich der Begriff der Ordnungsbehörden wieder gestrichen. Wir regen an, als Konsequenz aus den Darlegungen des Wissenschaftlichen Dienstes die Gesetzeslage an die anderer Bundesländer anzupassen und die Auskunftspflicht zu revidieren (vgl. etwa § 3 Abs. 2 Hmb. Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei; vgl. hierzu im Einzelnen die Darlegungen des Wissenschaftlichen Dienstes).

In Absatz 3 Nr. 1 geht die Beschränkung auf die dort genannten Rechtsgüter aus unserer Sicht in die richtige Richtung. Die Formulierung in Satz 3, „soweit Tatsachen, insbesondere dokumentierte polizeiliche Lageerkenntnisse dies rechtfertigen“ sollte so nicht übernommen werden. Polizeiliche Lageerkenntnisse werden durch diese Formulierung mit Tatsachen gleichgesetzt. Lageerkenntnisse sind schlichtweg keine Tatsachen, sondernkönnen lediglich – im Idealfall – ihrerseits auf Tatsachen beruhen. Der Begriff der Lageerkenntnisse ist schwer fassbar, soweit nicht die Anforderungen definiert werden, nach denen Lageerkenntnisse angenommen werden. Sofern eine solche Eingrenzung unterbleibt, könnte sich in der Praxis durchsetzen, dass Lagebilder nur auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte oder auf Grund kriminalistischer Erfahrung gebildet werden. Dies wäre jedoch für die Maßnahme nach § 180 Abs. 3 LVwG-E keine hinreichende Eingriffsschwelle.

Der Versuch einer Abgrenzung der Durchsuchungsbefugnis von einer Inaugenscheinnahme ist auch in dem aktuellen Entwurf nicht gelungen. Es wäre unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu befürworten, wenn in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit jeder Form von Durchsuchung oder „Inaugenscheinnahme“ verzichtet würde.

Dass die Vorschrift um verfahrensmäßige Regelungen – bis hin zu einem bei Verlängerungen u.U. eintretenden Richtervorbehalt – ergänzt werden soll, ist zwar grundsätzlich positiv. Dies ersetzt jedoch nicht eine präzise Fassung des Tatbestandes, der Eingriffe durch klare handlungsbegrenzende Maßstäbe auf den Rahmen des Verhältnismäßigen begrenzt.

3.  Videoüberwachung und Kennzeichenerfassung (§ 184 LVwG-E)

Den Bedenken bezüglich der Gesetzgebungszuständigkeit des Landes wird nicht Rechnung getragen.

In Absatz 2 stellt es eine Verbesserung dar, dass die überwachten Räume und Flächen nunmehr stets Kriminalitäts- und Gefahrenschwerpunkte sein müssen, da das Wort „insbesondere“ gestrichen wurde. Die Eingriffsschwelle für die Videoüberwachung, nach der Tatsachen die Annahme rechtfertigen müssen, dass Schäden für Leben, Leib oder Freiheit oder gleich gewichtige Schäden für andere Rechtsgüter zu erwarten sind“ mit der zusätzlichen Anforderung, dass eine zeitliche und örtliche Begrenzung für die Einzelmaßnahme festzulegen ist, ist nach unserer Einschätzung verfassungsrechtlich akzeptabel.

Die dargelegten Probleme bezüglich der in Absatz 5 geplanten Kfz-Kennzeichenüberwachung bleiben bestehen. Dies gilt nicht nur – wie bereits angesprochen – für die fehlende Gesetzgebungszuständigkeit des Landes, sondern auch für die mangelnde Normenklarheit und inhaltliche Bestimmtheit der Vorschrift. Statt den unbestimmten Tatbestand zu überarbeiten und zu präzisieren wurde lediglich ein weiterer Satz angehängt, wonach ein „flächendeckender stationärer Einsatz“ nicht zulässig sein soll. Dies ist nicht ausreichend. Der Begriff „flächendeckend“ ist zwar in der Argumentation des Wissenschaftlichen Dienstes gut nachvollziehbar. Von einer Verwendung dieses Begriffs im Tatbestand raten wir jedoch ab, da diese Formulierung den Rechtsanwender im Unklaren lässt, wann eine Maßnahme konkret durchgeführt werden kann und wann nicht. Es ginge – sofern überhaupt eine Gesetzgebungszuständigkeit bestünde – darum, inhaltlich genau (positiv) festzulegen, in welchen Fällen die Maßnahme zulässig sein soll.

Der Vorschlag in Absatz 6 kommt für die Fälle der Videoüberwachung unseren Vorstellungen entgegen, da hiermit die offene Datenerhebung klargestellt wird.

4.  Einsatz technischer Mittel (§ 185 LVwG-E)

In Ansehung des Art. 13 Abs. 4 GG haben wir für die akustische Wohnraumüberwachung zur Gefahrenabwehr angeregt, den Tatbestand auf die Fälle der dringenden Gefahr, insbesondere Gemein- oder Lebensgefahr einzugrenzen. Die notwendige Anpassung wird im Änderungsvorschlag nicht vorgenommen, auch wenn offenbar auf den Begriff der Gesundheitsgefahr nunmehr verzichtet wird.

5.  Telekommunikationsüberwachung (§ 185a LVwG-E)

Der aktuelle Änderungsentwurf des Innenministeriums regelt die Eingriffsschwelle für die Überwachung der Telekommunikation gegenüber dem früheren Entwurf neu. Auf eine Datenerhebung im Gefahrenvorfeld wird nunmehr verzichtet. Die Maßnahme soll nunmehr tatbestandlich eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person voraussetzen. Zudem soll die Maßnahme nur zulässig sein, wenn die Aufklärung des Sachverhalts mit dieser Maßnahme zur Gefahrenabwehr unerlässlich ist. Damit erfasst auch die geänderte Fassung den in der Diskussion oft vorgebrachten Fall einer akuten Geiselnahme. Diese neu definierte Eingriffsschwelle ist nach unserer Einschätzung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Anpassung des Gesetzesvorschlags ist daher ausdrücklich zu begrüßen.

Probleme können entstehen bei der Abstimmung der Herausgabe von Verbindungsdaten mit dem geplanten § 110b TKG (vgl. Referentenentwurf des BMJ vom 27. Nov. 2006). Danach dürfen Verkehrs- bzw. Verbindungsdaten, die aufgrund der geplanten Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung bei den TK-Anbietern gespeichert sind, nur für Zwecke der Strafverfolgung herausgegeben werden, nicht jedoch zur Gefahrenabwehr. Diese bundesrechtliche vorrangige Regelung wird zu beachten sein.

6.  Verfahren beim Einsatz verdeckter Ermittlungen (§ 186 LVwG-E)

Die Anpassung in Absatz 1 („unverzüglich“ statt „drei Tage“) wird begrüßt.

Die Regelung in Absatz 4 über die Betroffenenbenachrichtigung sah vormals eine richterliche Prüfung nach jeweils sechs Monaten vor. Jetzt liegt eine Frist von bis zu 18 Monaten weitgehend in den Händen des Gerichts. Nach 18 Monaten liegt die Entscheidung über die Dauer vollständig in den Händen des Gerichts, die Kriterien sind nicht klar. Allerdings ist jetzt in Satz 9 eine Höchstfrist vorgesehen. Dies ist unseres Erachtens verfassungsrechtlich notwendig, weshalb wir nicht empfehlen, die im aktuellen Papier des Innenministeriums vorgesehene „Alternativ-Formulierung für Satz 9“ zu verwenden.

In Absatz 5 wurde die kritisierte Formulierung gestrichen, nach der keine Benachrichtigung erfolgen sollte, wenn keine Aufzeichnungen erstellt wurden. Dies begrüßen wir. Ebenso wurde die Regelung für die Benachrichtigung in den Fällen verbessert, in denen sich an die Maßnahme ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anschließt. Zur weiteren Konkretisierung regen wir einen Verweis auf § 101 StPO an („… sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens gemäß § 101 Abs. 1 StPO zulässt“).

7.  Schutz des Kernbereich (§ 186a LVwG-E)

Zur Regelung des Kernbereichsschutzes in Absatz 1 verweisen wir auf unsere bisherige Stellungnahme.

In Bezug auf Maßnahmen nach § 185 LVwG-E ist die neue Formulierung in § 186a Absatz 2 Satz 2 LVwG-E, nach der die Betroffenheit des Kernbereichs ständig zu kontrollieren ist, eine deutliche Verbesserung. Die äußerst problematische Formulierung für eine automatische Speicherung wurde gestrichen.

In Satz 4 verweist der Entwurf nunmehr auf die Sätze „1 und 3“ statt „1 bis 3“. Das bedeutet, dass die Pflicht zur ständigen Kontrolle der Überwachung durch eine Beamtin oder einen Beamten („Live-Überwachung“) für die Fälle der Telekommunikationsüberwachung nicht gelten soll. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der volle Kernbereichsschutz nicht auch für diese Maßnahmen nach § 185a gelten soll: Bei der Telekommunikationsüberwachung zur Gefahrenabwehr geht es um die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die beschriebenen hochrangigen Rechtsgüter, also etwa um die Beendigung einer Geiselnahme. Es ist kaum vorstellbar, dass in solchen Fällen lediglich eine Bandaufzeichnung stattfindet und nur von Zeit zu Zeit jemand die Aufzeichnungen auswertet, um zu schauen, wie weit – um im Beispiel zu bleiben – die Geiselnahme vorangeschritten ist. Jedenfalls bei richtig verstandener Auslegung des Begriffs der gegenwärtigen Gefahr muss deshalb – unabhängig von der Verweisung in Satz 4 – stets eine Beamtin oder ein Beamter die Gespräche „live“ mithören. Es muss „jemand da sein“, der die gegenwärtige Gefahr auch abwehren kann.

8.  Ausschreibungen nach § 187 Abs. 1 Satz

Zwar betrifft die in § 187 Abs. 1 Satz 2 LVwG-E genannte Ausschreibung noch immer das Gefahrenvorfeld; allerdings wurde die Datenerhebungsbefugnis durch die neuen Vorschläge eingegrenzt, indem sie nicht mehr nur an Anhaltspunkte für die Planung von Straftaten anknüpft, sondern an dafür sprechende Tatsachen. Zudem müssen diese Straftaten nunmehr im Gesetz genannte hochrangige Rechtsgüter betreffen. Dies ist insoweit zu begrüßen.

9.  Vorgangsbearbeitungssyteme (§ 189 LVwG-E)

In § 189 Abs. 1 Satz 1 LVwG-E wird eine Datenerhebungsbefugnis geschaffen, die die Zweckbindung der Daten umgeht. Eine solche Regelung zur Datenverarbeitung greift in Grundrechte ein und ist damit eine „Eingriffsbefugnis“. Die Einfügung des Satzes „Zusätzliche Aufgaben und Eingriffsbefugnisse werden dadurch nicht zugewiesen.“ ist daher sinnwidrig. Sie ändert auch nichts am zu weit gefassten Tatbestand.

Unseres Erachtens ist der von der Polizei formulierte Bedarf einer guten EDV-Ausstattung gut verständlich und auch datenschutzrechtlich machbar. Dies gilt insbesondere, wenn ein System gewünscht wird, das die tägliche Bearbeitung der Vorgänge erleichtert. Wir hatten in unserem an das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein gerichtete Schreiben vom 3. Februar 2005  die rechtlichen Möglichkeiten zur Einführung eines Vorgangsbearbeitungssystems ausführlich dargelegt. Diese umfassende Äußerung stellen wir dem Landtag auf Wunsch gern zur Verfügung. Unseres Erachtens ist eine Änderung der Rechtslage nicht erforderlich. Auf die von uns dargelegten rechtlichen Möglichkeiten ist das Innenministerium leider nicht hinreichend eingegangen.

Erforderlich ist es allerdings in jedem Falle, das bereits betriebene System (@rtus) an die Vorgaben der §§ 188 – 190 LVwG anzupassen. Stark verkürzt lässt sich die wichtigste Vorgabe des gegenwärtigen Rechtsstandes wie folgt darstellen: Das System muss differenzieren zwischen der gegenwärtigen Abarbeitung eines Vorgangs und der anschließenden Vorgangsverwaltung. Wenn ein Vorgang bei der Polizeibehörde neu angelegt wird, ist eine Speicherung nach § 188 Abs. 1 LVwG schon jetzt möglich. Diese Speicherung ist zweckgebunden zur Bearbeitung des konkreten Falles. Ist der Vorgang abgeschlossen, z.B. weil der Vorgang ausermittelt und an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde, ist nur noch die befristete Speicherung eines eingeschränkten Datensatzes im Rahmen der Vorgangsverwaltung nach § 190 LVwG möglich. Soweit ein System als Erkenntnisdatei genutzt werden soll – wie heute das System INPOL-SH – sind die (gegenwärtig noch einschränkenden) Voraussetzungen des § 189 zu beachten. Danach ist für die präventive Speicherung einer Person für zukünftige Zwecke eine so genannte Negativprognose über diese Person und ihre Tat erforderlich.

Der Gesetzesentwurf führt damit – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – zu einem Paradigmenwechsel: Das Vorgangsbearbeitungssystem soll nach der geplanten Änderung nicht nur dazu dienen, Vorgänge zu bearbeiten, sondern dient auch als Erkenntnisdatei.

Zur Problematik der Änderung des § 189 LVwG verweisen wir daher auf unsere Stellungnahme vom 13. April 2006 (Umdruck 16/745).

Nicht berücksichtigt wurde unsere Forderung, die Übersendungspflicht für Errichtungsanordnungen in § 197 Abs. 3 LVwG beizubehalten. Hierzu verwiesen wir nochmals auf unsere genannte Stellungnahme.

Zusammenfassend bestätigen wir gerne, dass mit dem Änderungsentwurf insgesamt teilweise Verbesserungen erreicht werden, dass jedoch einige wesentliche Kritikpunkte nicht aufgegriffen werden.