12       Informationsfreiheitsgesetz

International, national als auch auf Landesebene gab es bei der Informationsfreiheit neue Bestrebungen und Entwicklungen. Die Kommission der Europäischen Union hat eine Initiative gestartet, den Zugang zu Informationen über Agrarsubventionen für die Öffentlichkeit zu verbessern. In diesem Zusammenhang ist die Frage diskutiert worden, ob die Empfänger von Agrarsubventionen namentlich veröffentlicht werden sollen. Auf Bundesebene ist das lang und breit diskutierte Verbraucherinformationsgesetz verabschiedet worden, das hinter vielen Erwartungen zurückblieb, aber einen Schritt in die richtige Richtung darstellt. Auf Landesebene musste ein Umweltinformationsgesetz erlassen werden. Letztlich wurde ein Konsens darüber erzielt, dass das bisher geltende Informationsfreiheitsgesetz (IFG-SH) nicht verändert werden soll (29. TB, Tz. 12.1).

 

12.1       Transparenzinitiative : Zugang zu Daten über EU-Agrarsubventionen

Die Transparenzinitiative der Europäischen Kommission zielt auf die Veröffentlichung der begünstigten Subventionsempfänger ab. Dabei muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Informationszugang und Datenschutz gefunden werden.

Die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten hatte sich im August 2006 für die Offenlegung der Empfänger von Agrarsubventionen ausgesprochen und die Nennung von finanziell begünstigten Vorhaben, die Höhe des Förderungsbetrages und des konkreten Förderungszwecks gefordert (29. TB, Tz. 11.1). Die Europäische Kommission plant indes, den Umfang der zugänglichen Informationen auf die Mitteilung des Gesamtbetrages der öffentlichen Mittel je Begünstigten zu beschränken. So würde insbesondere der Verwendungszweck für die bereitgestellten finanziellen Mittel verborgen bleiben. Es bestünden für eine kritische Öffentlichkeit keine effektiven Möglichkeiten zu kontrollieren, ob die verausgabten Steuergelder zweckmäßig verwendet wurden. Das ULD sieht in den Bestrebungen der Kommission einen Rückschritt in den Bemühungen um mehr Transparenz bei der Verwendung öffentlicher Mittel.

Im Fortgang der Debatte sollte zum Schutz von Kleinunternehmen eine Bagatellgrenze vorgesehen werden, über die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen mehr Transparenz und Datenschutz hergestellt wird. Die unbeschränkte Offenlegung von Informationen über die Subventionierung von Einpersonenbetrieben könnte zu Diskriminierungen führen und damit unter Umständen letztlich zum Verzicht auf öffentliche Fördermittel. Durch eine Aggregierung der Daten bei geringen Beträgen kann dennoch eine hinreichende Kontrolle ermöglicht werden.

Was ist zu tun?
Die Umsetzung der Europäischen Transparenzinitiative in nationales Recht muss die Offenlegung der Vorhaben, der Förderungshöhe und des jeweiligen Verwendungszwecks beinhalten, zugleich aber die Diskriminierung von Kleinunternehmen vermeiden.

 

12.2       Verbraucherinformationsgesetz  in Kraft

Nachdem der Bundesrat gegen das neue Verbraucherinformationsgesetz keinen Einspruch einlegte, ist der Weg für mehr Transparenz im Bereich der Informationen über den Verkauf von verdorbenen Lebensmitteln und über dadurch entstehende Gesundheitsgefahren frei.

Die wesentlichen Errungenschaften des Gesetzes bestehen in der Schaffung eines individuellen Informationsanspruches der Verbraucher gegenüber den Behörden und in der Eröffnung des freien Zugangs zu Daten aus dem Bereich der Lebens- und Futtermittelüberwachung. Der Informationsanspruch umfasst Daten über Verstöße gegen das Lebens- und Futtermittelgesetzbuch, über von Erzeugnissen ausgehenden Gefahren oder Risiken für die Gesundheit und Sicherheit für die Verbraucher, über Ausgangsstoffe und die eingesetzten Verfahren sowie ergriffene Überwachungsmaßnahmen.

Bei diesem Gesetz verweigerte der Bundespräsident zunächst seine Unterschrift, weil er dessen Regelungen mit dem Grundgesetz für nicht vereinbar hielt. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden dürfen durch ein Bundesgesetz keine Aufgaben übertragen werden. Nachdem eine Klarstellung bezüglich der Verpflichtung der kommunalen Behörden, Anträge auf Informationszugang nach dem Verbraucherinformationsgesetz zu bearbeiten, vorgenommen wurde, sah der Bundespräsident den kompetenzrechtlichen Konflikt bereinigt, sodass das Gesetz nun in Kraft treten konnte.

Was ist zu tun?
Das Verbraucherinformationsgesetz schafft in einem engen Kundensegment einen verbesserten Zugang zu wichtigen Informationen. Hierbei sollte der Gesetzgeber nicht stehen bleiben. Andere Bereiche, z. B. die aus Datenschutzsicht besonders relevanten IT-Angebote, bedürfen einer massiv verbesserten Durchschaubarkeit.

 

12.3       Landesumweltinformationsgesetz

Zweck des Gesetzes ist es, den Zugang zu Umweltinformationen bei informationspflichtigen Stellen des Landes und der Kommunen sowie den Weg für die Verbreitung dieser Umweltinformationen frei zu machen.

Das Umweltinformationsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (UIG-SH) trat im März 2007 in Kraft. Es orientiert sich an dem Wortlaut der Europäischen Umweltinformationsrichtlinie und an deren Umsetzung auf Bundesebene. Wesentliche Unterschiede zum IFG-SH bestehen in einem weiteren Anwendungsbereich sowie bei der Offenbarung von personenbezogenen Daten. Das UIG-SH erfasst auch Personen des Privatrechts, die im Zusammenhang mit der Umwelt öffentliche Zuständigkeiten haben, öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen und dabei der Kontrolle einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen. Sind von einem Antrag auf Informationszugang personenbezogene Daten betroffen, können diese bei überwiegendem Interesse der Allgemeinheit offenbart werden. In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Geheimhaltung der Informationen abgewogen. Eine entsprechende Abwägungsklausel ist im IFG-SH nur bei der Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vorgesehen.

Im Anschluss an das UIG-SH ist die Landesverordnung über Kosten nach dem Umweltinformationsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (UIG-SH-KostenVO) verabschiedet worden. Diese begrenzt die Gebühr auf maximal 500 Euro und legt die Höhe der zu erhebenden Auslagen für die Herstellung von Duplikaten fest. Für die Erstellung einer DIN-A4-Kopie sind 10 Cent (schwarz-weiß) bzw. 25 Cent (farbig) zu erheben. Insoweit bietet die Kostenverordnung einen guten Maßstab auch für Anträge nach dem IFG-SH. Hier fehlt es bisher an einer einheitlichen Regelung.

Was ist zu tun?
Da für den Zugang zu Informationen über die Umwelt das neue UIG-SH eine Grundlage schafft, die über das IFG-SH hinausgeht, sollten Personen, die Zugang zu Umweltinformationen haben wollen, sich vorrangig auf das UIG-SH berufen.

 

12.4       Interessante Einzelfälle

12.4.1    Wie viel Wärme brauchen Sie?

Für die Ausstellung von Energiepässen benötigen Hauseigentümer und damit Vermieter von ihren Energieunternehmen Verbrauchsdaten. Können Vermieter diese Daten von kommunalen Versorgern nach dem IFG-SH erhalten?

Ein Vermieter erbat unter Berufung auf das IFG-SH von seinen Stadtwerken die Übersendung von Informationen zum Energieverbrauch einzelner Mieter. Diese benötigte er zur Eintragung in den sogenannten Energieausweis. Wird ein Gebäude errichtet, hat der Bauherr sicherzustellen, dass der Eigentümer des Gebäudes einen Energieausweis erhält. Soll ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück verkauft werden, hat der Verkäufer dem Kaufinteressenten einen Energieausweis zugänglich zu machen. Eine entsprechende Verpflichtung gilt für den Eigentümer als Vermieter oder Verpächter eines Grundstückes. Der Energieausweis dient zur Feststellung der Energieeffizienz eines Gebäudes.

Die Ausstellung von Energieausweisen nach dem Energiebedarf ist gesetzlich vorgeschrieben, sofern

  • ein Gebäude errichtet wird oder
  • ab dem 1. Januar 2008 ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück verkauft, vermietet oder verpachtet wird, das Wohngebäude weniger als fünf Wohnungen hat und der Bauantrag für das Wohngebäude vor dem 1. November 1977 gestellt wurde.

Der Aussteller des Energieausweises hat nun die Möglichkeit, die gesetzlich geforderten Angaben auf Basis des Energiebedarfs oder des tatsächlichen Energieverbrauchs zu berechnen. Der Energiebedarf wird dabei auf der Grundlage der Bauunterlagen bzw. gebäudebezogenen Daten und unter Annahme standardisierter Raumbedingungen (z. B. standardisierte Klimadaten, definiertes Nutzerverhalten, standardisierte Innentemperatur und innere Wärmegewinne) berechnet. Da aus standardisierten Raumbedingungen kein Rückschluss auf den tatsächlichen Verbrauch gezogen werden kann, handelt es sich bei den Energiebedarfswerten nicht um personenbezogene Daten.

Zur Ermittlung des Energieverbrauchs sind Verbrauchsdaten aus Abrechnungen von Heizkosten nach der Heizkostenverordnung für das gesamte Gebäude oder andere geeignete Verbrauchsdaten, insbesondere Abrechnungen von Energielieferanten oder sachgerecht durchgeführte Verbrauchserfassungen, zu verwenden. In diesen Unterlagen können personenbezogene Daten enthalten sein. Verbrauchsdaten lassen dabei aber nur Rückschlüsse auf eine bestimmte oder bestimmbare Person zu, wenn individuelle Merkmale erkennbar sind. Werden die Verbrauchsdaten mehrerer Wohnungen zusammengefasst, sodass Rückschlüsse auf einzelne Mieter nicht mehr möglich sind, so besteht bei diesen aggregierten Daten bei hinreichender Anonymisierung kein Personenbezug mehr. Davon kann ausgegangen werden, wenn mindestens drei Wohnungen zusammengefasst werden.

Begehrt der Vermieter oder Verpächter hingegen Verbrauchsdaten einer einzigen Wohnung oder zusammengefasst von zwei Wohnungen, so besteht ein konkreter Personenbezug. Nach den Vorschriften des IFG-SH kommt es darauf an, ob der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen hat und überwiegende schutzwürdige Belange des betroffenen Mieters der Offenbarung der personenbezogenen Verbrauchsdaten entgegenstehen. Ein rechtliches Interesse des Antragstellers besteht beim Verkauf, der Vermietung oder Verpachtung aufgrund der vertraglichen Beziehungen zum Mieter. Dieses rechtliche Interesse entfällt nicht durch den Umstand, dass die Berechnung nach Energieverbrauchswerten als gleichwertige Alternative neben der Berechnung nach Energiebedarfswerten besteht, soweit die Berechnung nach dem Energiebedarf nicht zwingend gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Antragsteller ist gesetzlich verpflichtet, einen Energieausweis zu erstellen. Ein Verstoß ist eine Ordnungswidrigkeit, welche mit einer Geldbuße mit bis zu 15.000 Euro geahndet werden kann.

Der Mieter kann schutzwürdige Belange geltend machen, z. B. dass die Preisgabe seiner Verbrauchsdaten Rückschlüsse auf ein individuelles Verbraucherverhalten ermöglichen. Diese Belange müssen allerdings überwiegen. Die Stadtwerke müssen dem Mieter Gelegenheit zur Stellungnahme geben; dieser muss objektiv nachvollziehbare Gründe benennen, die einer Offenbarung der Verbrauchsdaten entgegenstehen. In jedem Fall muss dann eine Einzelfallprüfung stattfinden. Kann der Mieter besondere Belange darlegen, so kann im Ausnahmefall der Zugang zu den Verbrauchsdaten nach dem IFG-SH verweigert werden.

Was ist zu tun?
Bei der Auskunft über Verbrauchsdaten sind die oben gegebenen Hinweise zu beachten. Soweit möglich, ist mit aggregierten Daten zu arbeiten.

 

12.4.2    Herausgabe eines Wirtschaftlichkeitsgutachtens

Externe Gutachten, die von öffentlichen Stellen in Auftrag gegeben werden, müssen auf Anfrage grundsätzlich herausgegeben werden. Eine interne Vereinbarung, das Gutachten geheim zu halten, reicht als Geheimhaltungsgrund nicht aus.

Eine Stadt bzw. ihre Stadtverordnetenversammlung hatte eine externe Beratungsfirma mit einer Organisationsuntersuchung und Stellenbewertung der Kernverwaltung beauftragt. Nach Fertigstellung des Gutachtens verweigerte die Stadt einem Bürger die Einsichtnahme mit der Begründung, das Einvernehmen bestünde, diese nicht öffentlich zu behandeln. Das Gutachten sei zudem Bestandteil von nicht öffentlichen Sitzungen gewesen und damit nicht der Öffentlichkeit zugänglich.

Immer wieder muss daran erinnert werden: Eine Geheimhaltung von Unterlagen der Verwaltung bzw. eine Ablehnung ihrer Offenbarung ist nur aus den im IFG‑SH genannten Gründen möglich. Eine interne Geheimhaltungsabsprache ist nicht vorgesehen. Nicht zu offenbaren sind nach dem IFG-SH Protokolle vertraulicher Beratungen; geschützt wird hierdurch der freie Meinungsaustausch innerhalb und zwischen den Behörden. Besprechungen, Entscheidungsvorschläge, Bewertungen und Entscheidungsdiskussionen müssen folgerichtig nicht offenbart werden. Beratungsgegenstände und Beratungsergebnisse selbst sind dagegen nicht vom Informationszugang ausgeschlossen. Diese wurden im Gesetzgebungsverfahren bewusst aus dem Schutzbereich der Vorschrift herausgenommen. Damit korrespondiert auch die gesetzliche Konkretisierung, dass insbesondere Beweiserhebungen und Stellungnahmen nicht der unmittelbaren Vorbereitung von Entscheidungen dienen und damit offenbart werden dürfen.

Die Vorschriften der Gemeindeordnung ergeben nichts Gegenteiliges. Dort ist lediglich festgeschrieben, dass die in nicht öffentlichen Sitzungen gefassten Beschlüsse bekannt zu geben sind, wenn nicht ausnahmsweise Gemeinwohlinteressen bzw. berechtigte Interessen Dritter entgegenstehen. Zur Geheimhaltung von einzelnen Beratungsgegenständen ist damit nichts ausgesagt. Die Stadt hat schließlich das Gutachten dem Petenten zur Verfügung gestellt.

Was ist zu tun?
Bei Anträgen auf Zugang zu externen Gutachten liegen nur selten Geheimhaltungsgründe im Sinne des IFG-SH vor.

 

12.4.3    Gibt es für Eigenbetriebe Geschäftsgeheimnisse?

Der Zugang zu Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz kann bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter beschränkt sein. Bei kommunalen Eigenbetrieben ist das aber kein Argument.

Ein Bürger erbat Zugang zu Bilanzen und Gutachten zum Unternehmenswert eines städtischen Eigenbetriebes. Zum Zeitpunkt der Antragstellung hatte die Gemeinde den Eigenbetrieb bereits in eine GmbH überführt und 49,9 % der Anteile an ein privates Energiedienstleistungsunternehmen verkauft. Der Petent begehrte dabei Informationen, welche sich auf den Zeitpunkt vor der Umwandlung des städtischen Eigenbetriebes bezogen.

Der Antrag nach dem IFG-SH kann abgelehnt werden, soweit durch die Übermittlung der Informationen ein schutzwürdiges Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart würde. Als Inhaber von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kommen nach der Gesetzessystematik jedoch nur solche Personen in Betracht, die nicht selbst nach dem Informationsfreiheitsgesetz als Auskunftspflichtige in Anspruch genommen werden können. Dies ist der Fall bei Behörden und auch bei Privatpersonen, soweit eine Behörde sich dieser zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient oder diesen die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben übertragen wird. Bei einem städtischen Eigenbetrieb bedient sich die Behörde einer besonderen Organisationsform und erbringt dabei selbst regelmäßig öffentlich-rechtliche Leistungen der Daseinsvorsorge. Dies hat zur Folge, dass der städtische Eigenbetrieb nach dem IFG-SH auf Informationszugang in Anspruch genommen werden kann. Der städtische Eigenbetrieb mit seiner 100%igen Bindung an die Gemeinde tritt nicht als privater Dienstleister auf und kann sich daher nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen.

Da der Bürger nur Informationen begehrte, die sich auf einen Zeitraum vor der Umwandlung des städtischen Eigenbetriebes in eine GmbH bezogen, war der Informationszugang nicht wegen entgegenstehender Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beschränkt. Insoweit konnte sich das private Energiedienstleistungsunternehmen auch nicht auf eigene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen, die eine Abwägung mit dem Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit erforderlich gemacht hätten.

Was ist zu tun?
Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dient der Sicherung privatwirtschaftlicher Positionen und unterfällt dem grundrechtlich gewährleisteten Schutz des Unternehmers an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Städtischen Eigenbetrieben steht dieser verfassungsrechtliche Schutz nicht zu.

 

12.4.4    Gebühren  bei Einsichtnahme in Protokolle der Gemeindevertretung

Möchte ein Bürger in Protokolle einer Ratsversammlung einsehen, dürfen ihm nicht unverhältnismäßig hohe Kosten auferlegt werden.

Ein Bürger erhielt nach dem IFG-SH Kopien aus Protokollen verschiedener öffentlicher Sitzungen seiner Gemeindevertretung. Die Gemeinde stellte dem Bürger den Zeitaufwand für die Zusammenstellung der gewünschten Protokolle in Rechnung und verlangte zusätzlich pro erstellte Kopie 75 Cent. Für Amtshandlungen nach dem IFG-SH können Verwaltungsgebühren erhoben werden. Nicht zulässig ist jedoch die Abwälzung von allgemeinen Personal- oder Sachkosten, die der Behörde bei der Beschaffung und Pflege ihres Informationsbestandes entstehen; diese Tätigkeiten sind im Katalog des IFG-SH nicht aufgeführt. Die Gemeinden müssen bereits nach der Gemeindeordnung Protokolle ihrer öffentlichen Sitzungen für ihre Einwohner zur Einsichtnahme bereithalten. Aufbereitung und Vorhaltung der Protokolle sind damit kein Aufwand anlässlich eines Informationsbegehrens nach dem IFG-SH, sondern eine originäre Pflicht nach der Gemeindeordnung, der nicht in Rechnung gestellt werden darf.

Möglich ist die Auferlegung der Kosten für die Erstellung und Versendung von Kopien. Diese Kosten dürfen aber nicht unverhältnismäßig sein. Der Preis für die Herstellung von Kopien bewegt sich heutzutage im Bereich um die 5 Cent pro Seite (29. TB, Tz. 12.4.5). Dementsprechend legt die UIG-SH-KostenVO als Auslagenersatz für eine Schwarz-Weiß-Kopie 10 Cent fest. Ein pauschaler Preis von 75 Cent pro Kopie ist nicht zu rechtfertigen.

In dem vorliegenden Fall wollte der Antragsteller ursprünglich vor Ort Einsicht nehmen, was ihm nicht gestattet wurde. Nur die Zusendung von Kopien wurde bewilligt. Nach den Vorschriften des IFG-SH hat der Antragsteller grundsätzlich die freie Wahl, ob er eine Auskunft wünscht, ob er Einsicht in die Informationsträger erhalten möchte und/oder Kopien übersandt werden sollen. Ist die kostenlose Einsichtnahme vor Ort aus Gründen, die die Behörde zu vertreten hat, nicht möglich, dürfen dem Antragsteller aus diesem Umstand keine gesonderten Kosten entstehen. Daher war bereits jede Erhebung von Auslagen unzulässig.

Was ist zu tun?
Der Zeitaufwand für die Aufbereitung und Vorhaltung von Protokollen von öffentlichen Sitzungen von Gemeindevertreterversammlungen darf für den Informationszugang nach dem IFG-SH nicht in Rechnung gestellt werden.

 

12.4.5    Tonträgeraufzeichnungen  von Ratsversammlungen

Tonträgeraufzeichnungen, die bei Sitzungen von Rats- oder Gemeindevertreterversammlungen erstellt werden, sind Informationen, die interessierten Bürgern grundsätzlich zugänglich gemacht werden müssen. Über einen Antrag auf Informationszugang entscheidet im Regelfall der Bürgermeister.

Anträge auf Zugang zu Tonträgeraufzeichnungen können abgelehnt werden, wenn es sich um Vorentwürfe und Notizen handelt, die nicht Bestandteil des Vorgangs werden sollen und alsbald vernichtet werden. Sind die Tonträgeraufzeichnungen nicht dazu bestimmt, langfristig archiviert zu werden, sondern helfen diese lediglich bei der Abfassung des Protokolls, liegt es im Ermessen der Behörde, diese Informationen zu offenbaren. Ist eine langfristige Aufbewahrung vorgesehen, so liegt die Offenbarung nicht im Ermessen der Behörde; sie kann nur abgelehnt werden, wenn ein Ablehnungsgrund im Sinne des IFG-SH vorliegt.

Grundsätzlich hat der Bürgermeister über einen solchen Antrag zu entscheiden, denn ihm obliegt nach der Gemeindeordnung die Führung der Geschäfte der laufenden Verwaltung, wozu die Bereitstellung der Niederschriften und die Einsichtnahme in die Tonträgeraufzeichnungen gehört. Die Niederschrift muss dem Vorsitzenden und dem Bürgermeister unverzüglich zugeleitet werden wegen deren Aufgaben der Beschlussausführung und Rechtsprüfung. Die Protokolle werden damit Bestandteil der Verwaltungsunterlagen der Gemeinde und sind damit im Sinne des IFG-SH vorhanden.

Was ist zu tun?
Tonträgeraufzeichnungen gehören neben den Unterlagen in Papierform zu den Informationen, zu denen im Rahmen des IFG-SH Zugang zu gewähren ist.

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